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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Schröder rochiert aus dem SPD-Vorsitz und zeigt, dass er klüger ist, als viele meinen. Wenn der neue Generalsekretär Klaus-Uwe Benneter ebenso klug ist, hält er sich erst mal fein zurück

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Schlechtes Timing bei der SPD, alle zwei Stunden konnte man diesen Beitrag neu schreiben.

Was wird besser in dieser?

Frühling jetzt. Habe ich beschlossen.

Was bedeutet Schröders Rücktritt als SPD-Chef? Ist das Schwäche – oder die Klugheit, sich zurückzunehmen, um das Schlimmste zu verhindern?

Typisch Schröder, Kritik entweder niederzubügeln oder sie sehr früh, vorwegnehmend fast, durch Befolgen zu enthaupten. Bisher ist die Partei dem vorsitzenden Kanzler treu und widerspruchslos unter die 30 Prozent gefolgt. Ab jetzt wird beargwöhnt werden, ob Schröder sich, Schmidts Beispiel folgend, zum beliebtesten Kanzler entwickelt, der je in der falschen Partei war.

Der Vergleich zu Brandt/Schmidt liegt ja auf der flachen Hand. Trägt er?

Ja, und zwar zur Erhellung bei: Helmut Schmidt nennt es heute „meinen einzigen wirklichen Fehler“, nicht Kanzleramt UND Parteivorsitz in seiner Hand geeint zu haben. Fraktionschef Wehner hatte nie die Chance, Kanzler zu werden, aber stets das Zeug, Kanzler zu vernichten – eben Brandt. Schmidt hatte Glück, dass er belegen konnte, als Letzter um Brandts Amtsverbleib gekämpft zu haben – sonst hätte der Argwohn des gemobbten Übervaters ihn noch schneller isoliert. Heute haben wir es mit anderen handelnden Personen zu tun und können nur abwarten, ob die „alles in einer Hand“-Lehre Helmut Schmidts sich auch bei ihnen bewahrheitet.

Müntefering hat nun zwei Rollenmodelle zur Auswahl: treuer Knappe des Kanzlers oder Anwalt der SPD. Zu welcher wird er eher neigen?

Egal! Selbst als Loyalissimus wird es Kanzlergetuschel um Müntefering geben, wenn die vollzogene Rochade Schröder keine Gewinne bringt. Ob das von vornherein Münteferings Absicht war, beiläufiges Kalkül oder dem treuen Franz ein Grauen – sei der Exegese kundiger Schädelaufsäger vorbehalten. Es ist jedenfalls riskant.

Neuer Generalsekretär wird Klaus Uwe Benneter, und nicht der kantige Siegmar Gabriel. Ein wichtiger Punkt für Schröder – oder?

Interessant jedenfalls, dass zwei Tage vor der vorbereiteten Verkündung Schröders die Personalie Gabriel noch kurz aus dem Hinterhalt abgeschossen wurde. Gabriels Medienperformance und sein boulevardesker Themenriecher mehrten schon seit einem halben Jahr die Gerüchte und Wünsche, er möge dem glücklosen Scholz folgen. Wer steckte dem Focus fristgerecht die alte und nicht sonderlich fallhohe Beratergeschichte Gabriels? – Benneter hatte es als Juso-Chef 1977 geschafft, aus der SPD zu fliegen. Das macht ihn aber heute des Linksabweichlertums etwa so verdächtig wie Scharping, der sich wegen kritischer Flugblätter gegen den Starfighter auch mal eine Zeit lang die SPD von außen angucken durfte. Seither agierte Benneter vor allem unauffällig, was klüger sein dürfte, als neben den Kraftzentren Schröder und Müntefering noch ein drittes aufzubauen.

Ist der Kabinettsumbau damit vom Tisch?

Nein. Aber man sollte sich schon noch die Zeit nehmen, zwischen Kampagnen und tatsächlichen Schwächen des Personals zu unterscheiden. Gesundheitsminister – die sahen alle schlecht aus in den letzten 15 Jahren; Eichel kann die Kohle nicht herbeizaubern, und Schily andererseits ist ein Leistungsträger, der das für Sozis schwierige Thema Rechtsstaat aus der Aufmerksamkeit geräumt hat. Bewegt haben vor allem die grünen Minister etwas, Schröders Parteitagsrede zählte Erfolge ihrer Ressorts auf. Das mag zum Befremden beigetragen haben in der SPD.

Edmund Stoiber hat Schwarz-Grün in die Debatte gebracht. Ist das nur Taktik – um der FDP vor der Bundespräsidentenwahl zu zeigen, wo der Hammer hängt?

Inhaltlich ginge es am ehesten in Baden-Württemberg, wo es keiner braucht; von den Typen her wären Rüttgers & Vesper vorstellbar in Düsseldorf. Da aber passen die Parteien nicht zueinander. Solange sich kein Stadtstaat oder Kleinland zum Üben anbietet, ist das nicht realistisch. Stoiber jedenfalls muss es nicht einlösen, er kann nur beide Effekte mitnehmen.

Wie sieht es denn mit den inhaltlichen Gemeinsamkeiten zwischen Schwarz und Grün aus?

Angefangen von der Gründung der Grünen durch Ex-CDU-MdB Gruhl bis hin zum gemeinsamen Anliegen zu „konservieren“ – hie Werte, da Umwelt –, liegt es ideell näher als tagespolitisch.

Oder ist das Problem, dass die Grünen, als schwarz-grün tauglich erkannt, sich endgültig von ihrer Lieblingslegende verabschieden müssten, die da heißt: „Wir sind noch immer heimliche Oppositionelle“?

Mit etwas Stoiber-Schäkern kann man doch gut die Opposition in der Regierung spielen – wählt uns, bevor ihr vor der SPD ganz in die Union flüchtet. Das genschert.

Und was macht Borussia Dortmund?

Das vier zu zwei in Wolfsburg kann nicht anders als Solidaritätsbekundung für Sammer gelesen werden. Bleibt spannend.

FRAGEN: STEFAN REINICKE