: Eine Freundin der Bahn
Staatssekretärin Margareta Wolf zieht den Ärger von Bahnchef Mehdorn auf sich, weil sie ihm helfen will
Margareta Wolf mag die Bahn. Die grüne Staatssekretärin im Umweltministerium, die zugleich Mitglied im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG ist, hatte es gut gemeint, als sie zwanzig Vertreter von Umwelt-, Verkehrs- und Verbraucherverbänden einlud, um am 11. April die umstritttenen neuen Bahnpreise zu diskutieren. Sie will dort Tipps erarbeiten, wie die Bahn attraktiver werden kann. Schließlich klagen immer mehr Kunden über zu teure Tickets, schlechte Beratung und überhaupt den Preis-Wirrwarr. So laufen dem grünen Herzensanliegen immer mehr Kunden weg und entscheiden sich stattdessen für Auto oder Flieger. Mit ihrer guten Absicht aber kommt Wolf nicht an.
Dass sie den Unmut von Bahnchef Hartmut Mehdorn auf sich zieht, musste ihr von vornherein klar sein. Er hatte bereits der grünen Verbraucherministerin Renate Künast in gewohnt hemdsärmeliger Manier nicht nur „Populismus“ vorgeworfen, als sie vor kurzem Korrekturen des Preissystems gefordert hatte. Zum Workshop lud Wolf ihn erst gar nicht ein.
Doch nun sind auch die Staatssekretäre aus Wirtschafts-, Finanz- und dem – vor allem für die Bahn zuständigen – Verkehrsministerium sauer. Wie Wolf sitzen sie zwar im Kontrollgremium, auf der Gästeliste stehen sie aber nicht. Deren Position machte Béla Anda, Sprecher der Bundesregierung, dann am Dienstag klar: „Die Preisgestaltung ist eine ureigene Angelegenheit der Bahn.“ Wolf wolle nur die „Standpunkte bündeln“, verteidigte ihr Sprecher Michael Schroeren.
Ohnehin täuscht der Eindruck. Margareta Wolf gehört nicht zu den schärfsten Kritikern der Bahn. „Es handelt sich vor allem um ein Marketingproblem“, sagte sie, nachdem sie im März zum ersten Mal an einer Aufsichtsratsitzung teilgenommen hat. Im Gegenteil: Sie war beeindruckt vom Unternehmen, aber auch von Mehdorn selbst. Es hatte den Anschein, als entdecke sie das Thema Bahn, den größten Arbeitgeber Deutschlands, gerade für sich. Sie, die bislang die ausgemachte Frau für den Mittelstand war. Denn bevor der grüne Umweltminister Jürgen Trittin sie nach den Wahlen im September letzten Jahres holte, war sie im Wirtschaftsministerium für die Förderung der kleinen und mittleren Betrieb zuständig gewesen. Die allein erziehende Mutter hatte selbst einmal einen Secondhandladen für Kinderkleidung.
Die 45-jährige Sauerländerin steht für die jungen Aufsteigerinnen bei den Grünen. Mit 23 – sie studiert gerade in Heidelberg, später dann auch in Madrid Englisch, Spanisch und Volkswirtschaftslehre – tritt sie in die Partei ein. Vier Jahre später wird sie bereits in den Bundesvorstand gewählt. Dort bleibt sie zwar nur ein halbes Jahr und zieht sich aus persönlichen Gründen wieder zurück – doch auch das ist nur vorläufig. 1994 steigt sie wieder ein, wird über die hessische Landesliste der Grünen in den Bundestag gewählt.
Mit Christine Scheel und Oswald Metzger prägt sie dort das Bild der grünen Wirtschafts- und Finanzpolitik. „Das der grünen FDP“, hämen viele. Immer wieder fordert sie Bürokratieabbau und konsequente Privatisierungspolitik. Eines ist aber klar: Als Wirtschaftsexpertin weiß sie, was sie als Aufsichtsrätin darf – und den Rat von Experten einholen darf sie allemal.
HANNA GERSMMANN