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Archiv-Artikel

Die NPD Prignitz will rein doitsch bleiben

In Brandenburg hat ein Kreisverband der NPD Lebewohl gesagt. Weil hunderte Kilometer entfernt ein junger Bosnier auf die Europaliste der Nationalistenpartei gerutscht war. Bei den Rechtsnationalen will jeder gern Führer sein

BERLIN taz ■ Was hunderte Kilometer entfernt in ihrer Partei geschieht, ist den NPDlern in der Prignitz nicht egal. Der Brandenburger Landesvorsitzende der Nationaldemokraten, Mario Schulz, schaut jedenfalls voller Wut nach Trier. Dort rutschte ein 22-jähriger Bosnier auf die Europaliste der Rechtsnationalen. „Da sich die NPD offenbar vom Grundsatz ‚Deutscher ist, wer deutschen Blutes ist‘ verabschiedet“, wetterte Schulz danach gegen seine eigene Partei, „hat sie ihr Existenzrecht verloren.“

Schulzens eigener Kreisverband folgte seinem Anführer. Die NPD-Filiale Prignitz-Ruppin hat sich wegen des Bosniers kurzerhand selbst aufgelöst. 22 von 24 Mitgliedern des NPD-Kreises fassten den Beschluss kürzlich. Damit ist die Partei nicht nur Landeschef Schulz los – sie hat Konkurrenz bekommen. Schulz nämlich gründete mit Getreuen eine „Bewegung für Nationale Ordnung“ (BNO). Bei den „Feinden unseres Volkes“, so Schulz, wolle er sich nicht einreihen.

Dennoch wurde die Ausreihung nur verzögert durchgesetzt. Die NPD hatte sich schon im Oktober 2003 auf dem Bundesparteitag entschieden, Safet Babic auf Platz 21 der Europawahlliste zu nominieren. Der 22-jährige Bosnier studiert Jura an der Universität Trier. Er ist schon seit Jahren in rechten Gruppen und der NPD aktiv und schreibt für die Parteizeitung Deutsche Stimme. Der NPD-Beschluss war kein Zufall. Der Vorstand wollte so die Öffnung der Partei für Ausländer einleiten.

„Der Grund Babic ist vorgeschoben“, sagt NPD-Bundessprecher Klaus Beier. Er war bisher stellvertretender Landeschef der Rechten und ist nun in die Position von Schulz aufgestiegen. „Schulz wollte einfach seine eigene kleine Sekte“, sagt Beier, „sein Parteidienst war schon länger schwach ausgeprägt.“

Die Nominierung des Bosniers auf die nach Nationalistengeschmack blutreine Wahlliste verstärkt nur das Glaubwürdigkeitsproblem der NPD in der rechten Szene. Der Verbotsantrag gegen die NPD ist zwar vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe gescheitert. Aber „einer Partei, in der so viele V-Leute sind, vertraut niemand“, sagt der Rechtsextremismusforscher Henning Flad von der Europauniversität „Viadrina“ in Frankfurt (Oder). „Daraus ist ein beliebtes Spielchen geworden. Wenn ein NPDler den anderen ausbooten möchte, sagte er einfach, der sei ein V-Mann.“ Die Folgen: Die einst 6.100 Mann starke Partei hat inzwischen noch 5.000 Mitglieder. Allein in Berlin traten 60 Nationaldemokraten aus, jetzt gibt es dort wie in Brandenburg noch 200 rechte Parteigänger.

Die NPD Brandenburgs weint ihrem Exchef Schulz und den an den BNO verlorenen Kameraden angeblich keine Träne nach. Thomas Salomon, der Sprecher des Landesverbands, nannte den Abgang als Klärungsprozess. Für „Schädelvermesser und Blutkontrolleure“ sei kein Platz in der NPD, sagte Salomon der taz.

Der Politologe Henning Flad glaubt, dass die Motive für die Prignitzer Abspaltung von der NPD ganz andere sind. „Jedes Jahr spaltet sich bei der NPD jemand ab“, sagt Flad, „weil im rechten Spektrum jeder gern der Anführer sein möchte.“

Der Landesvorsitzende Klaus Beier sieht das ähnlich. „Unsere Partei wird im März 40 Jahre alt“, erzählt er. In dieser Zeit habe die Partei ungefähr 180 Abspaltungen erlebt. Beier weiß auch, wie man das Problem behandeln muss – durch Neuaufbau. Der regionale NPD-Chef will praktisch nicht mehr existente Kreisverbände wie Prignitz-Ruppin und andere einfach wieder neu etablieren. DANIEL SCHULZ