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Archiv-Artikel

Viele Zwangsarbeiter warten

Nur in Tschechien erhalten die NS-Opfer relativ schnell ihre Entschädigung

BERLIN taz ■ Die Auszahlung der Entschädigungsgelder für frühere NS-Zwangsarbeiter geht weiterhin nur schleppend voran: Wie das Kuratorium der Zwangsarbeiterstiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ gestern in Berlin mitteilte, wird bei ihren russischen Partnerorganisationen die erste Rate der Zahlungen erst im Laufe des kommenden Jahres vollständig die Berechtigten erreicht haben – und das auch nur, wie sich die Stiftung vorsichtig ausdrückt – „nach jetzigem Stand“. Die Tschechen werden dieses Jahr mit Auszahlung der zweiten Rate starten: „Wann die Auszahlungen der zweiten Rate bei den anderen Partnerorganisationen beginnen werden, lässt sich momentan nur schwer abschätzen“, räumt die Stiftung ein.

Bis 2005 soll alles Geld verteilt worden sein. Doch schon jetzt hat nach Angaben der Stiftung „ein zunehmender Teil der Leistungsempfänger (bis zu 15 Prozent)“ keine Leistung empfangen – wegen Krankheit, Wohnungswechsel und „auf Grund eines Todesfalls“. Zugleich wurden über 220.000 Anträge als unberechtigt abgelehnt. Bisher haben über 1,2 Millionen Menschen in 79 Ländern Geld erhalten, insgesamt mehr als 2,1 Milliarden Euro. Das ist weniger als die Hälfte der 10 Milliarden Mark, die laut Stiftungsgesetz vom August 2000 von Staat und Wirtschaft für die Zwangsarbeiter zur Verfügung gestellt wurden.

Auf große Zustimmung stieß im Kuratorium die Idee, die Erinnerungen von 500 bis 1.000 Zwangsarbeitern auf Videos für die Nachwelt festzuhalten – ähnlich der Arbeit der „Shoah“-Stiftung des Hollywood-Regisseurs Steven Spielberg. Nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Michael Jansen, unterstützt sie bisher 30 Projekte im Rahmen des so genannten Zukunftsfonds, dessen Geld vor allem der Versöhnungsarbeit dienen soll. PHILIPP GESSLER

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