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: Immer mehr zivile Opfer im Irakkrieg: Alles läuft nach Plan

Donald Rumsfeld kann wieder lachen. Der nun doch rasche Vorstoß der US-Truppen nach Bagdad hat dem US-Verteidigungsminister nach Wochen der Kritik seinen Humor wiedergegeben. Das berichten showverwöhnte Pentagon-Reporter erleichtert aus Washington.

 Der Wendepunkt in der Laune des Verteidigungsministers ist teuer bezahlt – wenn auch nicht von ihm. Die Zahl der zivilen Toten und Verletzten im Irak steigt, und das dürfte in den nächsten Tagen durch immer mehr Angriffe auf Wohngebiete, den Einsatz von Streubomben und Angriffe auf die Infrastruktur auch so weitergehen. Alle drei Faktoren zusammengenommen zerstören die Illusion eines sauberen Krieges, der die Bevölkerung zu schützen versucht.

 Und: um schnelle Geländegewinne erzielen zu können, lassen die vorpreschenden US-Marines die Städte auf dem Weg nach Bagdad links liegen, umkämpft, eingekesselt, abgeriegelt. So geht von den Ansiedlungen tatsächlich keine Gefahr mehr aus für die vorrückenden Soldaten – die sich trotzdem nicht weiter um die Konsequenzen für die dort verbliebenen Menschen kümmern müssen. Das ist ein Verstoß gegen die Genfer Konvention, nach der die Macht, die das Gebiet kontrolliert, auch für die Versorgung der Zivilbevölkerung verantwortlich ist.

 Stattdessen kommen jetzt all jene Waffen und Taktiken zum Einsatz, vor denen Menschenrechtsorganisationen vor Kriegsbeginn gewarnt hatten. Manche der furchtbaren Bilder, die arabische Reporter und Kamerateams aufnehmen, werden nie der Öffentlichkeit gezeigt, andere nur in den arabischen Fernsehstationen. Cluster-Bomben zerstören eben nicht „Ziele“ oder „Stellungen“, sondern sie töten und verstümmeln Menschen – egal, ob diese die Uniform der Republikanischen Garden tragen oder nicht. Genau das ist ihr Ziel, und wenn Militärs angesichts getöteter Kleinkinder entschuldigend von unbeabsichtigten Folgen sprechen, lügen sie.

 Es gibt auch keinen Strategiewechsel aufgrund besonders perfider irakischer Verteidigungsmethoden, der begründen könnte, dass die irakische Zivilbevölkerung jetzt immer stärker zu leiden hat. Man muss den Statements des US-Oberkommandos tatsächlich nur glauben: Es läuft alles nach Plan. BERND PICKERT