: Wider die Kannibalisierung der Kulturlandschaft
Wilhelm Hornborstel, Leiter des Museums für Kunst und Gewerbe, fordert Masterplan für Hamburg und freut sich über eine Fünf-Millionen-Euro-Spende für Sanierungsarbeiten
„Die Stadt braucht einen Masterplan. Die Politiker müssen sich endlich entscheiden, welche Art von Museumslandschaft sie wollen.“ Wilhelm Hornborstel, Leiter des Museums für Kunst und Gewerbe, findet klare Worte für das Ideen- und Planungschaos, das derzeit in Hamburg herrscht.
Und auch wenn er „keine Anti-Tamm-Kampagne“ führen wolle, müsse es doch erlaubt sein zu fragen, ob das mit 30 Millionen Senats-Euro geförderte, für den Kaispeicher B geplante „Schifffahrts- und Meeresmuseum Peter Tamm“ nicht zur „Kannibalisierung“ der Hamburger Museumslandschaft beitrage. „Das Museum für Hamburgische Geschichte und das Museum der Arbeit, die beide auch maritime Exponate haben, werden sicher Einbußen erleiden, denn die absolute Zahl der Museumsbesucher erhöht sich natürlich nicht.“ Auch im Tourismus „spielen die Hamburger Museen bislang keine durchschlagende Rolle“, so Hornborstel. Da könne man schon Zweifel daran hegen, dass es sinnvoll sei, weitere Konkurrenz aufzubauen.
Auch das ideelle und wirtschaftliche Funktionieren des für den Domplatz geplanten archäologischen Zentrums leuchten ihm nicht ein. „Warum hat die Stadt nicht den Mut, an die Stelle rein politischer einmal Sachentscheidungen zu stellen? Warum kann man in puncto Sortierung der Museumslandschaft nicht die Museumsleute zu Rate ziehen, die in Fachfragen doch viel bewanderter sind?“
Dass deren Rat nicht sonderlich beliebt, ihre Anfragen allenfalls zur Kenntnis genommen werden, wenn es etwa um die Instandhaltung der Gebäude geht, hat Hornborstel auch bewogen, private Gelder – ein anonymer Spender hat jüngst fünf Millionen Euro gestiftet – in die Sanierung des nicht museumseigenen Hauses zu investieren, das der HGV (Hamburgische Gesellschaft für Beteiligungsverwaltung) gehört. Ein weiteres Areal für Sonderausstellungen soll in den kommenden drei Jahren im Erdgeschoss entstehen; dies ist Teil der Neugestaltung der ehemals neun Meter hohen, inzwischen durch zwei Zwischendecken geteilten Turnhalle der einstigen Schule. Auch im Eingangsbereich sollen Zwischenwände entfernt und der Zugang zu den Exponaten großzügiger gestaltet werden. Verwaltung und Sanitäranlagen sollen ins Untergeschoss ziehen, damit im Erdgeschoss Platz für Exponate entsteht. „Solche Maßnahmen sind nötig, damit unser Haus attraktiv bleibt“, sagt Hornborstel.
Hiervon unberührt bleibt die für die kommenden fünf bis sieben Jahre geplante Sanierung „offenkundiger Bauschäden“, bezuschusst mit acht Millionen Euro aus jenem Investitionspaket, das der Senat für die Instandsetzung der sieben großen Hamburger Museen beschloss. „Hiervon können wir Dachstuhl, Keller, Treppenhäuser sanieren, aber keine ästhetische Modernisierung vornehmen.“ Marode seien die Gebäude vor allem deshalb, „weil die Stadt hier jahrzehntelang nicht investiert hat, so dass ein gewisser Rückstau entstanden ist“, sagte Hornborstel gestern.
Dass 2003 gegenüber dem Vorjahr zudem einen Besucherrückgang aufweist, leugnet er nicht: „2003 sind rund 75.000 Menschen weniger ins Museum für Kunst und Gewerbe gekommen als 2002. Keine Katastrophe, aber wir hoffen, dass unsere diesjährigen Sonderausstellungen dies wettmachen können.“ Deren Themen könnten disparater nicht sein: Ende dieser Woche beginnt eine Etrusker-Ausstellung, und für den Sommer ist eine Schau mit Kunstschätzen aus dem Dresdner Grünen Gewölbe geplant. PETRA SCHELLEN