Der Gelangweilte

Stephen Malkmus gab in der Maria wieder einmal den Müden, dessen größte Sorge ist, dass er keine Sorgen hat

Da steht er also wieder, er, der Anfang der Neunziger mit seiner Band Pavement den Indierock rettete. Er, der mit seiner Musik zweiter Ordnung, seinen Songs voller Anspielungen und Witzchen, den Mythos von Unmittelbarkeit in der Gitarrenmusik der Lächerlichkeit preisgab und sie damit wieder glaubwürdig machte. Er, Stephen Malkmus, über den sich nichts Neues mehr schreiben lässt, weil er das, was er tut, immer nur so weitertut und die Spirale der unendlichen Verfeinerung einfach noch ein kleines Stück weiterdreht.

Und trotzdem: Nicht nur Vertrautheit ist es, die einen selbst an diesem verschneiten Sonntagabend im April noch in die schlecht besuchte Maria treibt, nicht Voyeurismus, den Fall eines Journalistenlieblings und Beinaherockstars zu beobachten, der mit dem ersten Soloalbum nach Auflösung seiner Band Pavement noch Beachtung fand, mit dem gerade erschienenen zweiten Album „Pig Lib“, das kürzlich erschien, aber schon weniger. Es ist diese sture Verweigerungshaltung, diese sympathische Mädchenstimme Stephen Malkmus’, die jeden Refrain geschickt umkurvt – und erst recht den Gestus all der Jungsbands, die in letzter Zeit so unbedingt zurückwollten zum guten, alten Gitarrenwichs.

Da steht er also, Stephen Malkmus, schmächtig wie immer, schlaksig, unbeteiligt und – gelangweilt. Ganz das oberschlaue Sonntagskind, dem alles zufliegt, wofür andere ackern müssen, dem selbst die Antipose nie zur Pose gerinnt. Dabei: So uninteressiert wie sonst wirkt er noch nicht einmal heute. Ab und zu redet er mit den Mitgliedern seiner neuen Band The Jicks. Zwischen den Liedern gibt es Anspielungen und Witzchen, ab und zu lächelt er sogar ins Publikum. Und dann natürlich diese Lieder: Mögen sie diesmal auch noch so versponnen, so wenig nach Pop und so sehr nach Jazz klingen: Wenn man zuhört, dann bestechen selbst diese irgendwann noch mit ihrer Erfindunglust, ihren tausend angerissenen, nicht zu Ende gebrachten Melodien.

Nur eins könnte bedenklich stimmen: Manchmal klingen die Songs wie von Platte, nach Playback fast. Sollte es sich beim Improvisationsgeist des Herrn Malkmus womöglich doch um einen einstudierten handeln? Sollte dieser müde Alleskönner am Ende doch nur ein Streber sein? SUSANNE MESSMER