: Prinzipiell ja, partiell nein
Kultursenator und Gewerkschaften diskutieren Opernreform. Ver.di gegen Stiftung ohne Tarifbindung. Alle Parteien im Kulturausschuss sehen darin mangelnde „Reformfreude“
Im gemeinschaftlichen Chor haben am Montag Gewerkschaftsvertreter der Opernstrukturreform ihre Unterstützung mit Einschränkungen zugesagt. Prinzipiell ja, partiell nein lautete ihr Fazit bei der Anhörung im Kulturausschuss des Abegordnetenhauses. Zustimmung erhielt Kultursenator Thomas Flierl (PDS) für sein Modell, die drei Opernbühnen zu erhalten, Fusionen zu vermeiden und die Häuser unter einem gemeinsamen Stiftungsdach zusammenzufassen. Skeptisch äußerten sich die Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und von Orchester- und Bühnenvereinigungen gegenüber dem Flierl-Konzept dahingehend, dass die Reform zu schnell, zu wenig flexibel und mit zu großen Einschnitten in das Tarifsystem über die Bühne gehen soll.
Insbesondere Sabine Schöneburg (Ver.di) erklärte, eine mögliche Fusion von zwei Opernhäusern werde auf „klare Ablehnung bei den Beschäftigten“ stoßen. Die geplante Stiftung müsse eine „sozialverträgliche Komponente“ enthalten und sich zum Erhalt der Ensembles bekennen. Außerdem finde „eine Stiftung ohne Tarifbindung nicht unsere Zustimmung“. Flierl hatte vor knapp zwei Monaten das Konzept zur Opernstrukturreform vorgelegt und will dies mit Einsparungen im Personal- und Dienstleistungssektor sowie mit einer Anschubfinanzierung vom Bund in Höhe von 20 Millionen Euro bis 2004 realisieren. Der Senat hat seiner Vorlage unter der Voraussetzung zugestimmt, dass die geplanten Einsparungen und Zuschüsse gesichert sind.
Flierl ließ auch gestern keinen Zweifel an der Notwendigkeit der Reform. Berlin stehe vor der „historischen Herausforderung, im Einvernehmen mit den Gewerkschaften die drei Bühnen und die Arbeitsplätze im Theaterbereich sichern zu können“. Er warb in diesem Zusammenhang für ein „Berliner Modell“, in dem die Tarife zwischen den Bühnen und dem Land gesondert ausgehandelt werden sollten. Diese „neue Kräftekonstellation“ könne sowohl den Bühnen eine langfristige Sicherung geben als auch dem Land die Chance, die Personalkosten zu reduzieren.
Gerald Mertens, Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung, befürwortete das Flierl-Konzept, sprach aber von der mangelhaften Flexibilität einer großen „Supertanker“-Opernstiftung. Die Mitglieder im Ausschuss zeigten sich angesichts der „wenig reformfreudigen“ Gewerkschafter enttäuscht, wie Michael Cramer (Grüne) und CDU-Kulturexpertin Grütters sagten. Die Gewerkschaften müssten sich bei den Tarifen bewegen. ROLF LAUTENSCHLÄGER