piwik no script img

Ein Kronzeuge soll Terroristen überführen

Prozess gegen mutmaßliche Islamisten hat begonnen. Angeblich Anschläge gegen jüdische Einrichtungen geplant

BERLIN ap/afp/rtr ■ Der Prozess gegen vier vor dem Düsseldorfer Staatsschutzsenat angeklagte mutmaßliche Al-Tawhid-Terroristen hat mit Befangenheitsanträgen gegen die Richter begonnen. Auf der Anklagebank sitzen der Jordanier Abu D. als angeblicher Chef der Terrorzelle und Aschraf Mohammad al-D., Ismail Abdallah Sbaitan S. sowie Djamel M. Bei ihnen handelt es sich um einen jordanischen und einen algerischen Staatsangehörigen sowie um einen Palästinenser. Alle vier Angeklagten leben seit Jahren in Deutschland und befinden sich seit ihrer Festnahme in Untersuchungshaft.

Ihre Anwälte glauben, die Richter könnten den Prozess nicht mehr unvoreingenommen führen, da sie bereits das Verfahren gegen ein fünftes Mitglied der angeblichen Terrorzelle, Schadi Mohammed Mustafa Abdalla, geführt haben. Abdalla war im November vergangenen Jahres zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Im neuen Verfahren ist er Kronzeuge, die Bundesanwaltschaft baut ihre Anklage auf seinen damaligen Aussagen auf.

Bundesanwalt Dirk Fernholz warf den Angeklagten bei der Anklageverlesung vor, sie hätten Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Deutschland geplant und vorbereitet. Als Mitglieder der terroristischen Vereinigung al-Tawhid hätte das Quartett „Mord und Totschlag sowie gemeingefährliche Straftaten“ begehen wollen. Bei einem geplanten Anschlag auf eine jüdische Einrichtung in Berlin sollten laut Fernholz „möglichst viele Menschen in den Tod gerissen werden“. Außerdem müssen sich die vier Männer wegen Passfälschungen in großem Stil und Anstiftung zum Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verantworten. So waren bereits unter den Codenamen „Äpfel“ und „Stumme“ Handgranaten und eine Schusswaffe mit Schalldämpfer und Munition für die Anschläge bestellt worden. Die Angeklagten waren im April 2002 nach monatelangen Abhörmaßnahmen festgenommen worden. Die Angeklagten ließen über ihre Anwälte erklären, dass sie sich zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern wollten.

Die Bundesanwaltschaft hofft, sich mit der Anklage nun durchsetzen zu können, nachdem der angebliche Helfer der Hamburger Al-Qaida-Zelle, Adelghani Mzoudi, vergangene Woche freigesprochen wurde. Die Situation ist dieses Mal genau umgekehrt. War es im Hamburger Prozess um einen konkreten Anschlag gegangen, stehen die Angeklagten nun wegen der Planung von Attentaten vor Gericht. Dafür kann die Staatsanwaltschaft im Gegensatz zum Mzoudi-Prozess diesmal auf umfangreiche Beweise und den Kronzeugen Abdalla zurückgreifen.

Al-Tawhid bedeutet so viel wie „Einheit der Gläubigen“. Nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft handelt es sich um eine sunnitisch-palästinensische Bewegung, die ihre Wurzeln in Jordanien hat.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen