: Don‘t mention the war
US-Organisatoren sorgen bei TV-Designmesse Promaxfür klare Verhältnisse. Der Krieg im Irak spielt keine Rolle
Eine herbe Niederlage erlebten die deutschen und französischen TV-Sender bei der Promax & BDA Europe 2003. Der Ableger der US-Fernsehdesign-Konferenz zeichnete in Köln die besten Trailer und Imagespots im TV-Geschäft aus. Doch die scheinen zurzeit fast ausschließlich aus Fernsehnationen zu kommen, die den Irakkrieg unterstützen.
England und Spanien dominierten den Wettbewerb und heimsten drei Viertel aller ersten Plätze ein, von den fast 100 Preisträgern kam nicht ein einziger aus Frankreich. Und so überraschte es nicht, dass der eingebettete Hauptsponsor der Veranstaltung auch der Hauptgewinner war: Die BBC gewann allein 14 Auszeichnungen in Gold. Lediglich die in Berlin und München ansässigen Mediendesigner von SevenSenses konnten u. a. für die Animationen in „Ran WM-Fieber“ auf Sat.1 eine der zwei Goldstatuen nach Deutschland holen. SevenSenses-Geschäftsführer Markus Schmidt führt das schlechte Abschneiden der Deutschen auf den mangelnden Mut der TV-Chefs zurück, die aus Angst, ihren Job zu verlieren, nichts Neues riskieren. Auch international scheint sich derzeit aus Mangel an neuen Inhalten und Formaten der Trend durchzusetzen, in den Programmhinweisen überhaupt keine Filmausschnitte mehr zu zeigen. 90 Prozent der prämierten Trailer waren mehr oder weniger witzige Sketche oder künstlerisch verbrämte Interpretationen über die zu bewerbenden Fernsehsendungen. Damit ähnelt die Scheinwelt des Fernsehtrailers mehr denn je dem Werbespots – und nicht dem großen Bruder Kinotrailer.
Dies könnte eine mögliche Ursache für die grundsätzliche Aversion gegen Promotion sein, die Manfred Becker ehemals Art-Director und heute Berater von RTL, gegenwärtig feststellt. „In Deutschland beschweren sich immer mehr Menschen über die oft zu massive Eigenwerbung der Sender. Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn die Berichterstattung über den Irakkrieg wie Kriegs-Promotion wirkt.“
Der britische Stardesigner Michael Wolff hätte hierzu sicherlich etwas sagen können. Er hat nicht nur Shell und BP beraten, sondern mit dem Redesign der Labour Party auch Tony Blair ins Amt verholfen. Doch das Thema Krieg wurde in Köln erstaunlich gut vermieden. Nachdem zunächst ein Teilnehmer der taz gesagt hatte, der „amerikanische Creative Director Bush“ sei gerade dabei, „seine Marke im Ausland zu beschädigen“, zog er die Sottise aus Angst vor seinem US-Arbeitgeber zurück. „Es ist für mich sehr enttäuschend, dass der Krieg auf der Promax totgeschwiegen wurde und sich fast keiner getraut hat, dieses Thema mit nur einem Wort zu erwähnen“, meinte auch Becker, „es zeigt sich wieder einmal, dass Designer meist nur an Förmchen und weniger an Inhalten interessiert sind.“ TRISTAN THIELMANN