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Archiv-Artikel

Wider die Pflaster-Phalanx

Fast alle wollen die Viertelmeile gepflastert, aber der Rechnungshof sagt: zu teuer. Heute gibt der Haushalts- und Finanzausschuss die Mittel frei – oder auch nicht

Von sgi
Das könnte Geschäfte in „erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten“ bringen

taz ■ Um die Zukunft der Sielwallkreuzung geht es heute im Haushalts- und Finanzausschuss: Wird sie gepflastert oder asphaltiert? Wenn es nach Baudeputation, Ressort, Geschäftsleuten und Beiräten aller Parteien ginge, wird sie ebenso wie die gesamte Viertelmeile gepflastert. Das aber ist insgesamt 600.000 Euro teurer, als alles zu asphaltieren. Deshalb hatte der Ausschuss den Rechnungshof um eine Stellungnahme gebeten.

Der Rechnungshof war zu dem Schluss gekommen, Pflastern sei dreimal, nämlich 1,8 Millionen Euro teurer als Asphalt. Das nämlich kommt raus, wenn man rechnet, dass der Ausgangsbetrag über 25 Jahre mit einem bestimmten Zinssatz läuft. Inzwischen kursiert eine „Wirtschaftlichkeitsberechnung“ aus dem selben Hause, die für einen Zeitraum von 25 Jahren gar von 3,6 Millionen Euro Mehrkosten für Pflaster statt Asphalt ausgeht. Hier wird allerdings damit gerechnet, dass Pflaster alle acht Jahre erneuert werden müsse, die Erneuerungskosten also dreifach gerechnet werden müssten. „Völliger Quatsch“, sagen dazu Fachleute aus dem Bauressort.

In der offiziellen Stellungnahme spielen diese Zahlen keine Rolle. Es gehe, gesteht Rechnungshofpräsident Lothar Spielhoff hier zu, zwar um eine „im Ergebnis politisch zu entscheidende Frage“. Aber, merkt er an: „Wenn bisher eine Entscheidung über die Verwendung von teurem Material für die Straßen- und Platzbefestigung aus Gestaltungsgründen gefällt wurde, hat sie sich wegen der überregionalen Bedeutung stets auf den Innenstadtbereich beschränkt.“ Selbst der Schüsselkorb, so Spielhoff, sei asphaltiert worden.

Mit demselben Argument kontert jetzt das Bauressort. Der Straßenzug übe „aufgrund der Vielfalt der dort vorhandenen kulturellen, gesellschaftlichen und ökonomischen Angebote sowie der gelebten Lebensstile“ für Bremer wie Besucher „einen großen Reiz“ aus. Neben der City sei es der Stadtteil „mit der größten auch überregionalen Ausstrahlung“, daher seien gleiche Maßstäbe gerechtfertigt. Überdies, heißt es weiter, sei die Hochrechnung Spielhoffs nicht üblich; üblich sei die Bezifferung dessen, was die Maßnahme, nicht was die Finanzierung samt 25 Jahren Laufzeit kostet.

Gebe der Ausschuss die Mittel für den Umbau der Sielwallkreuzung – in diesem ersten Bauabschnitt beziffert das Ressort die Mehrkosten für Pflaster mit 180.000 Euro – nicht frei, werde es „zu erheblichen Problemen beim zeitlichen Ablauf“ kommen, warnt das Bauressort. Das könnte Einzelhändler in „erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten“ bringen.

Wolfgang Schrörs sitzt für die CDU im Haushalts- und Finanzausschuss und sieht der Stellungnahme des Ressorts „gespannt“ entgegen. Der Ausschuss gucke aufs Geld, betont er, deshalb sei der Rechnungshof mit den Stimmen von CDU und SPD ja um Prüfung gebeten worden. „Und ich kann nicht fordern, dass Schulen repariert werden, und gleichzeitig versenke ich Pflaster“, so Schrörs. Die inhaltlichen Argumente des Ressorts „muss ich mir alle nicht zu eigen machen“, so der Finanzfachmann weiter, „mir geht es einfach darum, dass sich das Fachressort klar wird, was es tut.“ Ob ihm persönlich die Viertelmeile besser gepflastert oder asphaltiert gefalle, tue ebenfalls nichts zur Sache: „Haushälter ist Haushälter.“ sgi