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Archiv-Artikel

„Ein Philosoph, der gut lächeln kann“

Zum 25. Jahrestag der iranischen Revolution laviert Präsident Chatami zwischen den innenpolitischen Fronten

BERLIN taz ■ Die iranische Staatsführung hat gestern das 25-jährige Jubiläum der Islamischen Revolution gefeiert. Bei der Kundgebung in der Hauptstadt Teheran auf dem Platz der Freiheit versammelten sich einige hunderttausend Menschen, von denen die meisten offensichtlich aus der Provinz stammten. Die herrschenden Islamisten wollten, auch dem Ausland gegenüber, Macht und Stärke demonstrieren. Mehr als fünftausend Busse brachten bereits am Vorabend und während der Nacht Menschen aus den umliegenden Dörfern in die Hauptstadt. Überschattet wurde die Feier von der politischen Krise der vergangenen Wochen, die durch die Ablehnung von mehr als 2.000 Bewerbern zu den Parlamentswahlen am 20. Februar ausgelöst wurde. Die meisten Teheraner hielten zu der Feier Distanz und schauten dem Geschehen aus der Ferne zu.

Präsident Mohammad Chatami, der wenige Tage davor durch seine Entscheidung, ungeachtet der massenhaften Ablehnungen die Wahlen doch zum festgesetzten Termin abzuhalten, Millionen seiner Wähler enttäuscht hatte, wollte Volksnähe zeigen, reihte sich unter die Demonstranten ein und marschierte mit ihnen zum Platz der Freiheit. Er trat auch als Hauptredner bei der Kundgebung auf und stellte sich, wie schon oft in Krisenzeiten, zwischen die Fronten. „Jene, die einen Säkularismus im westlichen Stil anstreben, gefährden die nationale Identität und Unabhängigkeit“, sagte er an die Adresse der radikalen Reformer gerichtet. Er sprach sich gegen eine Trennung von Religion und Staat aus, erteilte aber auch einen Seitenhieb gegen die konservativen Islamisten. Auch jene, die die Demokratie im Namen des Islam unterwanderten, bedrohten das Land. „Richtig ist der dritte Weg, der den eigentlichen Inhalt der Islamischen Republik ausmacht“, sagte Chatami. Dieser Staat sei „eine Republik, weil er sich nach dem Willen des Volkes richtet, und er ist islamisch, weil er religiöse Anweisungen befolgt, die einerseits in der Tradition tief verwurzelt sind und andererseits sich den Erfordernissen der Gegenwart anpassen“.

Trotz der organisierten Jubelfeier wird nach Einschätzung politischer Beobachter die Wahlbeteiligung am 20. Februar sehr gering sein, zumal die vom konservativen Flügel zuvor getroffene Filterung der Kandidaten das Wahlergebnis bereits vorweggenommen hat. Es wird damit gerechnet, dass die Konservativen das Parlament zurückerobern, vielleicht sogar die absolute Mehrheit erringen werden. Zahlreiche Organisationen und Parteien der Reformbewegung haben ihre Teilnahme an den Wahlen abgesagt. Auch Studentenorganisationen haben bei Kundgebungen an mehreren Universitäten erklärt, sie werden die „Scheinwahlen“ boykottieren.

Einer der Studentensprecher warf vor versammelten Kommilitonen der Universität Teheran Präsident Chatami vor, die Stimmen von über 20 Millionen seiner Wähler missachtet zu haben. „Man wird später mit Ihrem Namen nicht einen Reformpräsidenten verbinden, sondern einen Philosophen, der gut lächeln kann“, sagte er. Der Präsident müsse sich entweder für die Macht oder für das Volk entscheiden, sagte ein anderer.

BAHMAN NIRUMAND