Kommentar
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Zu schnell und zu viel

Die Idee mit der Sozialamtsreform sei gut, sagten damals alle: Die Chefs sowieso, die Leute vom Unternehmensberater Roland Berger. Aber auch die Mitarbeiter waren überzeugt und motiviert, die Personalräte zogen mit und auch die unabhängigen Beratungsstellen haben bestätigt: Der Ansatz stimmt.

Die Realität ein Jahr später stimmt überhaupt nicht. Die Stimmung unter den Mitarbeitern ist auf dem Tiefpunkt, ihre Mitmachbereitschaft endgültig verschlissen. Die Senatorin, der Staatsrat, der Sozialamtsleiter haben sich übernommen. Auch wenn sie selbst Sparzwängen unterliegen, haben sie doch zu schnell zu viel von ihren Leuten verlangt. Ihre flotte Managementsprache kaschiert spätestens seit gestern ihr Scheitern nicht mehr. Da reißt auch das ein oder andere hoffnungsvolle Projekt nichts mehr raus.

Leidtragende sind die Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Sie haben oft noch ganz andere Probleme, als dass sie ihnen zustehende Leistungen nicht erhalten oder erklärt wird, im Moment laufe gar nichts, man sei überlastet. Doch das ist aus dem Fokus geraten – dabei hatte die Reform das Gegenteil bewirken sollen.

In einem Bürgerschaftswahlkampf, in dem von Seiten der CDU der „Missbrauch“ von Sozialhilfeleistungen großes Thema wird, in einem vor allem von der SPD geschürten bundespolitischen Klima, das suggeriert, dass bei den Ärmsten noch zu sparen sei – in einer solchen Landschaft wäre eine gelungene Reform, die diejenigen „aktiviert“, die können, und diejenigen schützt, die es nötig haben, ein hoffnungsvoller Fingerzeig gewesen. Schade drum.

Susanne Gieffers