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Archiv-Artikel

Königlicher Besuch auf dem Bökelberg

Ruben Gonzales Rocha von Real Madrid soll dem Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach im Kampf gegen den Abstieg helfen. Vor allem die Trainingseinheiten in der „Provinz“ bereiten noch Probleme

WUPPERTAL taz ■ Die Vokabel „Provinz“ würde Ruben Gonzalez Rocha nie aussprechen. Zumindest nicht öffentlich. Deshalb lächelt er auch nur verschmitzt, wenn er nach den Unterschieden zwischen Real Madrid und Borussia Mönchengladbach gefragt wird. Er wüsste ohnehin nicht, bei welchem Punkt er anfangen sollte. „Real Madrid ist eben ein Weltverein. Beide Vereine kann man gar nicht miteinander vergleichen.“ Höchstens, dass Borussia Mönchengladbach auch in Spanien kein unbekannter Verein sei, kommt über seine Lippen. Mehr erlaubt die königlich anerzogene Diplomatie nicht. Außerdem hat ihn ja keiner gezwungen, für vier Monate den Kollegen Zidane, Figo oder Ronaldo „adios“ zu sagen und auf dem Bökelberg anzuheuern. Ruben Gonzalez Rocha, in Spanien nur „Ruben“ gerufen, will Fußball spielen. Dazu hatte er bei Real nicht allzu viele Möglichkeiten. Schuld ist die mit Stars gespickte Konkurrenz.

Borussias Sportdirektor Christian Hochstädter entdeckte ihn bei einem Pokalspiel von Real. Ursprünglich hatte er einen Spieler des Gegners auf dem Zettel. „Er ist mir durch sein konzentriertes Spiel als Innenverteidiger aufgefallen, außerdem ist er schnell“, meint Hochstätter über den Spanier, dessen Salär Borussia nicht voll bis zum Saisonende übernehmen muss. Danach wird er sein Intermezzo beenden und zu Real Madrid zurückkehren.

Von den Qualitäten des 22 Jahre alten Defensivmanns konnten sich die Zuschauer eines Testspiels zwischen Borussia Mönchengladbach und dem Oberligisten Borussia Wuppertal am vergangenen Dienstag in Wuppertal noch nicht wirklich überzeugen. Dafür wurde Ruben zu wenig gefordert. Immerhin köpfte er bei seinem ersten Einsatz im Borussen-Trikot gleich ein Tor. Glaubt man Trainer Holger Fach, hatte er dazu in der Vergangenheit nicht allzu viele Gelegenheiten. „Für ihn ist hier vieles neu. Der hat jahrelang nur gelernt, die Bälle vom Tor weg zu köpfen, statt drauf. Auch einen acht-Kilometer-Lauf wie wir ihn am Morgen vor dem Testspiel gemacht haben, ist eine neue Erfahrung für ihn.“

Am Samstag in Stuttgart sollen weitere hinzukommen. Fach will nicht ausschließen, dass er Ruben erstmals auch in einer Bundesliga-Partie einsetzen wird. Gegen Köln und Bremen war ihm dies noch ein zu großes Wagnis. Doch Fach muss handeln. Borussias Sorgenkind ist die wackelige Abwehr, in der Spieler wie Strasser oder Asanin mehr und mehr zu Unsicherheitsfaktoren wurden. Auf Borussias sportliche Situation angesprochen, antwortet Ruben wie ein erfahrener Hase. „Dazu kann ich nur sagen, dass wir mit dem Tor gegen Bremen in letzter Minute Pech hatten. Ob ich in Stuttgart spiele, ist allein die Entscheidung des Trainers.“

Viel Zeit zur Integration hat Ruben nicht. Im Abstiegskampf zählen schnelle Punkte. Dass er kein Wort Deutsch spricht, macht die Sache nicht leichter. Bis auf „A little english, un pocco“ kann sich Ruben Rocha nur in seiner Muttersprache verständigen. Erster Ansprechpartner ist deshalb Marcelo Pletsch, der als Brasilianer auch spanisch parliert. Oder Torhüter Jörg Stiel, der aufgrund eines einjährigen Gastspiels in Mexiko noch mithalten kann. „Im Training hat er gute Ansätze gezeigt, aber nach so kurzer Zeit kann man noch wenig sagen. Die Umstellung auf ein neues Land und einen neuen Verein muss wie ein Kulturschock für ihn sein“, meint Stiel.

Dazu gehört auch, dass Ruben königlich gepflegte und beheizte Rasenplätze gegen einen Gladbacher Rübenacker eintauschen muss und einer abwertenden Geste zufolge es gar nicht mag, bei Schnee und Eis zu spielen. Zu deutschen Vorzügen fallen ihm Autos ein (“Die sind hier sehr schön“), gleiches gelte für Frauen (aber er hat ja eine Freundin) und auch für Borussia und den Kollegen hat er nur Freundlichkeiten übrig. „Ich freue mich, hier zu sein und will versuchen, in die Mannschaft zu kommen.“ Nur das Heimweh plagt. Da dient das Internet als Brücke aus der Provinz. THOMAS BESCHE