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Archiv-Artikel

Lieber Schluss machen

Diskussion um Folgen der Drogenhilfe-Kürzungen hält an. „Palette“ entlässt indessen erste Mitarbeiter

Die Situation ist bekannt: Um 400.000 Euro kürzt der Rechts-Senat im laufenden Jahr die Zuwendungen für verschiedene Drogenhilfe-Zentren, vor allem dort, wo Substitutionsbehandlungen für Opiatabhängige angeboten werden. Eingespart wird vor Ort häufig zuerst bei der psychosozialen Betreuung (PSB), die neben der eigentlichen Substitution das Alltagsleben der Drogenabhängigen ordnet. Das reicht von der Morgenwäsche bis zum Behördengang. An diesem Punkt beginnt die aktuelle Diskussion über die Folgen der Maßnahmen. In der Gesundheitsbehörde befürchtet man keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Klienten.

Behördensprecher Hartmut Stienen bringt das Beispiel „Palette“: „Die Verwaltung des Vereins könnte eine Straffung durchaus verkraften, ohne dass die psychosoziale Behandlung leidet.“ „Palette“-Geschäftsführer Rainer Schmidt kann sich über diese Prognose nur wundern und kontert mit Zahlen: „Am Montag erhalten bei uns fünf Mitarbeiter aus dem PSB-Bereich die Kündigung. Das ist ein Viertel der dortigen Belegschaft. Die Folgen wird sehr wohl der Klient tragen müssen.“

Was Schmidt damit meinen könnte, fasst sein Kollege Uwe Täubler, Koordinator des Therapiezentrums „Palette“ in der Bartelsstraße, in Worte: „Den Klienten droht der Absturz. Keine Betreuung, ungelöste psychische Probleme, Flucht in die Droge, Beschaffungskriminalität, Verschuldung, Verelendung, noch mehr Drogen ... ein Teufelskreis.“

Treffen könnte es zum Beispiel Hans-Jürgen Schiskale. Der 50-Jährige verdankt Substitution und PSB, dass er überhaupt noch am Leben ist. 35 Jahre war er abhängig, inzwischen bezeichnet er sich als „fast clean“ und vor allem „gesellschaftsfähig“. Kommunikation in der Öffentlichkeit, Führen eines eigenen Haushalts, Behördengänge – die psychosoziale Betreuung war eine zentrale Stütze auf dem Weg zurück in die „Normalität“. Auch bei Peter Elbert, 45 Jahre alt, davon 30 „auf Droge“: „Ohne PSB kann ich nicht mehr leben. Dann mach ich lieber Schluss.“

Die wahre Dimension der Mittelkürzungen im PSB-Bereich verdeutlicht außerdem ein Blick in die „Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“ aus dem Jahr 2002. Dort wird die „dauerhafte Nicht-Teilnahme (...) an ggf. erforderlichen psychosozialen Betreungsmaßnahmen“ eindeutig als Kriterium für den Abbruch einer Substitution geführt. PATRICK TIEDE