: Der Kampf der Skorpione
Der Vormarsch der Kurden im Nordirak beunruhigt auch die in Bremen lebenden Türken. Die Stimmung in der Fatih-Moschee in Gröpelingen ist gereizt. Viele befürchten einen Kurden-Staat
taz ■ Es herrscht gespannte Unruhe an diesem Tag in der Gröpelinger Fatih-Moschee. Es ist Freitag, der Tag zum Beten, und die größte Moschee Norddeutschlands ist proppenvoll. Das liegt an den Osterferien, aber es liegt auch am Krieg.
Der Hodscha predigt um Frieden für seine Glaubensbrüder im Irak. Es solle schnellstmöglich „Ruhe“ am Golf einkehren. Der Krieg und die Amerikaner hätten alles durcheinander gebracht. „Saddam ist bösartig, Allah hat ihm einen anderen Bösartigen gesandt: George Bush. Jetzt tobt dort der Kampf der Skorpione“, sagt der Prediger.
An diesem Freitag drucken die Zeitungen Bilder von Irakern, die GIs in Mossul auf die Wange küssen. Der Ticker meldet, Kurden hätten die Stadt im Nordirak mit Hilfe der Amerikaner eingenommen.
Das macht den in Bremen lebenden Türken Sorge. Noch nie waren sie besonders große Freunde des Waffengangs im Irak. Aber jetzt, wo die endgültige Niederlage Saddams besonders nahe scheint, sind die Töne in der Fatih-Moschee noch kritischer.
„Die Amerikaner müssen schnell da verschwinden“, sagt Gemeindehelfer Mohammed Pekir. Die Irakis sollten „die Sache“ selbst in die Hand nehmen. Eins ist klar: „Wir wollen weder Saddam noch die USA.“
Vor allem die Peschmerga, die kurdischen Milizen, sind ihnen ein Dorn im Auge. „Das Territorium des Irak muss unberührt bleiben, es darf keinen Kurdenstaat geben“, sagt Mehmet, ein Arbeiter der Stahlwerke, der seinen Nachnamen nicht nennen will. Und: „Die Kurden vertreiben die im Nordirak lebenden Türken“.
Ein anderer geht sogar noch weiter: Wenn die Peschmerga sich durchsetzten, werde ein Kurdenstaat im Irak entstehen – direkt an der Grenze zur Türkei, wo ebenfalls um ihre Unabhängigkeit ringende Kurden leben. Das sei gefährlich für die Türkei: „Die werden reich und finanzieren Terroristen“, betont einer. Dann: „Wir müssen da einmarschieren.“
Natürlich gibt es an diesem Freitag auch versöhnlichere Töne: „Ich bin selber halb Türke, halb Kurde“, sagt einer. Und: „Ich habe da kein Problem.“ Ein türkischer Kurde meint sogar: „Ich bete für alle. Für uns wie für die Türken – und für mich.“
ksc