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Archiv-Artikel

DER BILANZSKANDAL VON AOL BETRIFFT AUCH DIE WIRTSCHAFTSPRÜFER Betrug zahlt sich aus

Kaum ist der Irakkrieg vorbei, halten uns wieder die Niedrigkeiten des gewöhnlichen Wirtschaftslebens gefangen. Und dazu gehören in den USA unglaubliche Bilanzskandale. Auf sie sollten wir weiterhin genau schauen, denn während gerade ein neuer Skandal geboren wird, beerdigt Amerika elegant einen anderen.

Fünf Bosse sollen den Aktienkurs von AOL Time Warner durch „Tricks, Listigkeiten und gefälschte Transaktionen“, so die Kläger, in die Höhe getrieben und sich daran persönlich bereichert haben; der Schaden der Universität von Kalifornien und eines privaten Rentenfonds belaufe sich auf rund 500 Millionen Dollar. Peanuts im Vergleich zu den Milliarden, die als Schmerzensgeld für Millionen große und kleine Anleger in aller Welt eigentlich fällig wären.

Den Klägern zufolge wurde der Gewinn der damals noch unabhängigen Internet-Sparte „America Online“ (AOL) von 2000 bis 2001 um fast 1 Milliarde Dollar zu hoch angegeben. Erst diese Schummelei habe die Fusion von AOL und Time Warner ermöglicht. Zudem hätten sich die damals fünf hochrangigsten AOL-Manager dadurch um insgesamt 1,7 Milliarden Dollar bereichert – dagegen steht seither ein Kursverlust von 80 Prozent, den die Aktionäre zu tragen haben.

Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, stünde AOL vor schwierigen Zeiten. Zumindest könnten milliardenschwere Schadensersatzforderungen drohen. Der Kreis der Mittäter umfasst jedoch nicht nur das Management: Von der Klage sind auch die Wirtschaftsprüfer Ernst & Young sowie die Finanzberater des Mediengiganten, Morgan Stanley und die Citibank, betroffen. Ohnehin sieht sich AOL bereits mit Bilanzprüfungen der US-Börsenaufsicht SEC wegen Fehlbuchungen konfrontiert. Im Oktober teilte die Firma mit, sie werde ihre Ergebnisse einfach für einen Zeitraum von 2 (!) Jahren revidieren, wodurch die Einkünfte in diesem Zeitraum um 190 Millionen Dollar sanken.

Daraufhin hatten die meisten Vorstandsmitglieder für Mai ihren Rücktritt angekündigt. Ob es letztlich noch zu härteren „Strafen“ für den Konzern kommt, darf allerdings bezweifelt werden. So darf der globale Skandal-Spitzenreiter Worldcom seine Altlasten seit Montag einfach abwerfen: Der Telekommunikationsriese, dem im vergangenen Jahr die größte Insolvenz und der größte Bilanzbetrug in der amerikanischen Geschichte gelungen sind, wird nach dem Insolvenzplan seine Schuldenlast um 36 Milliarden Dollar verringern und fängt quasi wieder von null an – unter dem Namen MCI. HERMANNUS PFEIFFER