Weggeblasen

Der VfB Stuttgart entlässt seinen Trainer Armin Veh. Der Mann, der mit dem VfB in die Riege der Spitzentrainer aufstieg, sprach am Ende hilflos von einer „mentalen Krise“

WOLFSBURG taz ■ Hinterher ist man immer schlauer. Weshalb man von heute aus betrachtet und aus der Logik der Branche heraus die Entlassung von Armin Veh durch den VfB Stuttgart wohl als folgerichtig bezeichnen wird. Die Entscheidung fiel in der Nacht nach dem 1:4 in Wolfsburg. Markus Babbel, zuletzt einer der Assistenten Vehs, wird Interimsteamchef. Wie lange? „Mal sehen, wie sich das entwickelt“, sagte Manager Horst Heldt.

Veh, 47, war nicht nur in einer sportlich schwierigen Situation, sondern in einer Abwärtsspirale des Macht- und Prestigeverlusts. Zeitweise sah es noch so aus, als bestimme er selbst, ob er überhaupt Trainer in Stuttgart bleiben wolle. Irgendwann wurde wahrscheinlich, dass die Ankündigung von Klubchef Erwin Staudt, in der Winterpause „in aller Ruhe“ über eine Verlängerung des Vertrages sprechen zu wollen, im Negativfall wohl bereits dessen sofortige Auflösung bedeuten würde.

Der VfB Stuttgart gehört mit Ausnahme eines Jahres seit Anfang des Jahrzehnts zu den deutschen Topklubs. Der Homo novus Veh hatte ihn nach einem Personalfehler der Klubführung (namens Trapattoni) völlig überraschend sogar zur Meisterschaft 2007 geführt. Er selbst stieg dadurch in die erste Reihe der Toptrainer auf. Zu Recht: Den VfB zur Meisterschaft führen, gehört sicher zu den größten Kunststücken, die es im Weltfußball gibt.

Doch in diesem Jahr wird durch neues Geld und neue (Hoffenheim, Wolfsburg) und alte Herausforderer (Leverkusen, Dortmund, Hertha) die Spitzenhierarchie neu ausgespielt – und Stuttgart könnte das Erste von mehreren Teams sein, das abstürzt. Tabellarisch gesehen ist der VfB Tabellenelfter, hat fünfmal gewonnen, sechsmal verloren. Gibt Schlimmeres. Aber es war nicht nur das fünfte sieglose Spiel in Folge: Während die Herausforderer erkennbar neue Teams aufbauen, machte der VfB tendenziell den Eindruck, als werde er immer weniger.

Die Balance stimmt nicht, und vor allem fehlt der Punch: In Wolfsburg sah es selbst bei der 1:0-Führung so aus, als müsse man die Lanigs und Hitzlspergers nur anstoßen, und sie würden umfallen. Felix Magaths Mix aus Kraftmeiertum und Tempofußball blies den VfB in der zweiten Halbzeit einfach weg. Ob die „mentale Krise“ (Veh) durch die Entlassung des Trainers gelöst wird? Am Donnerstag spielt man im Uefacup bei Sampdoria Genua, am Sonntag zu Hause gegen Schalke. Danach weiß man mehr. Oder auch nicht.

PETER UNFRIED