Mit Maßarbeit in die Pleite

Die Personal-Service-Agentur Maatwerk meldete unerwartet Insolvenz an. Betroffen sind nun nicht nur Arbeitslose, sondern auch Sozialhilfeempfänger. Wie es mit denen weitergeht, ist noch unklar

VON DANIEL SCHULZ

Knapp weitere 1.300 Berliner werden demnächst arbeitslos. Der deutsche Ableger des niederländischen Arbeitsvermittlers Maatwerk meldete am Montag überraschend Insolvenz an. Was in den nächsten Tagen mit den von den Holländern betreuten Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern geschehen soll, ist noch unklar.

Maatwerk, zu Deutsch „Maßarbeit“, betrieb seit Mai 2003 19 von insgesamt 45 Berliner Personal-Service-Agenturen (PSA). Über Zeitarbeit sollten Erwerbslose wieder Geld verdienen. „Diese Insolvenz zeigt, dass das Instrument der PSA als sehr fragwürdig einzustufen ist“, sagte Arbeitssenator Harald Wolf (PDS) nach der gestrigen Senatssitzung. Bei Maatwerk wollte niemand Stellung nehmen.

Das Konzept PSA sieht vor, Arbeitslose in Zeitarbeitsfirmen zu beschäftigen. Die so Beschäftigten sollten mit der Hoffnung auf einen späteren festen Job an Dritte weitervermittelt werden. Als fester Job gilt ein Arbeitsverhältnis, dass länger als ein halbes Jahr dauert.

Für Berlin und seine schwache Konjunktur sei PSA nur ein „begrenzt tauglicher“ Ansatz, heißt es aus der Senatsverwaltung. Von Mai 2003 bis Januar 2004 seien nur 748 Menschen zu einem Dauer-Job gekommen. Für die betroffenen Berliner und die 800 Brandenburger Maatwerker will die Landesagentur für Arbeit (Lasa) zwei Dinge tun: „Zunächst wird versucht, die Mitarbeiter bei anderen PSA unterzubringen“, sagt Lasa-Sprecher Olaf Möller. Zum anderen sollen andere Agenturen die Maatwerk-Filialen übernehmen. Wem das nicht helfe, bleibe die Möglichkeit, Insolvenzgeld bei der Lasa zu beantragen. Die Agentur zahlt dann für ein oder zwei Monate das volle Gehalt. Das Ende von Maatwerk bestätigte offenbar Befürchtungen der Gewerkschaften. „Das sind die tönernen Füße, auf denen das Geschäft steht“, sagte Dieter Pienky, Sprecher des Deutschen Gewerkschaftsbundes Berlin-Brandenburg.

Nicht nur Arbeitslose sind vom Maatwerk-Aus betroffen. Bereits seit 1999 vermittelte die Firma auch Sozialhilfeempfänger. Das Sozialamt des Bezirkes Lichtenberg zum Beispiel hat noch einen Vertrag mit Maatwerk. Reinickendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf hatten Verträge, die inzwischen schon ausgelaufen sind. Pro erfolgreich Vermitteltem kassierte Maatwerk von den Vertragsbezirken 3.000 Euro, als Pauschale im Voraus. Abgerechnet wird später. In Lichtenberg ist man mit Maatwerk zufrieden – 150 Sozialhilfeempfänger sollten vermittelt werden, mit 189 hat es geklappt. „Wir haben Gewinn gemacht“, sagt Sozialstadtrat Wilfried Nünthel (CDU). Wie es nun weitergehen soll, werden die Gespräche der nächsten Tage zeigen. Außenstände will der Bezirk von Maatwerk nicht mehr eintreiben, schließlich hätten die Holländer ihr Soll übererfüllt. Die Sozialstadträtin von Charlottenburg-Wilmersdorf, Martina Schmiedhofer, meint, „dass Maatwerk insgesamt gut gearbeitet hat“. Der Vertrag sei nicht verlängert worden, weil der Bezirk glaubte, „deren Arbeit auch selbst erledigen zu können“. Außerdem sei die Arbeit der Firma höchst unterschiedlich verlaufen“, sagt Schmiedhofer. Insbesondere als klar wurde, dass der Bezirk den Vertrag nicht verlängern werde, sei die Vermittlung immer weniger effektiv geworden. Marion Drögsler, Vorsitzende des Arbeitslosenverbandes Berlin, stellt den Vermittlern ein schlechtes Zeugnis aus. „Ich habe über Maatwerk noch nie etwas Positives gehört.“