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Archiv-Artikel

Brotlose Filmkunst

Produzenten beklagen die Praktiken der Filmförderungen, vor allem das knausrige Verhalten der TV-Anstalten

„Das Business ist stärker geworden, der Kunstgedanke schwächer“, beschreibt der kanadische Regisseur Gary Burns seine Eindrücke von der Berlinale. Zur Eröffnung des Panorama-Specials wurde sein neuer Film „A problem with fear“ gezeigt. Die Resonanz beim Publikum war groß, die Reaktionen der Verleiher und Sender hingegen eher zurückhaltend. „Künstlerische Filme haben es schwer“, weiß ARD-Degeto-Chef Wolfgang Jurgan, der darauf hinweist, dass fast nur noch die ARD solche Perlen der Filmkunst einkauft.

Dabei war der European Film Market, der parallel zur Berlinale „gehobene Unterhaltung“ und Filmkunst anbot, so stark besetzt wie nie zuvor: über 400 Filme aus 35 Ländern. Allerdings: „Es gab nicht so viele gute Filme“, sagt Egon Nieser vom Arsenal Filmverleih. Zudem fürchten kleine Produzenten um ihre Existenz.

Kritisiert wird die Praktik der Filmförderungen, bei denen die Sender ein großes Mitspracherecht haben. Paradoxerweise verweigern die TV-Anstalten finanzielle Unterstützung gerade dann, wenn der Kostenaufwand der Projekte zu gering sei. „Die Sender haben am Kinoverleih nur ein untergeordnetes Interesse, weil sie auf die TV-Ausstrahlung das größere Gewicht legen“, klagt ein Produzent. So hatte ein deutsches Produktionsunternehmen seinerzeit Unterstützung bei einer deutschen Filmförderung für den Film „Zwillingsschwestern“ beantragt. Der Antrag wurde abgelehnt, ein niederländischer Partner gefunden. Und nun ist die Geschichte zweier jüdischer Schwestern, die während des Zweiten Weltkrieges unter unterschiedlichen Verhältnissen aufwachsen, für den Oscar nominiert.

Eine komplett andere Fördersituation herrscht in Kanada. Von der Einwohnerzahl gerade mal ein Drittel so groß wie Deutschland, beträgt hier die Basisförderung über 500 Millionen Euro jährlich. Dadurch ist seit Mitte der 80er-Jahre eine florierende Arthouse-Szene entstanden. Namen wie David Cronenberg, Atom Egoyan oder Denys Arcand (mit „Die Invasion der Barbaren“ gerade für den Oscar nominiert) sind weltweit ein Begriff.

Dass anspruchsvolle Filme trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten und der US-Überpräsenz auch in Deutschland eine Zukunft haben, davon waren auf der Berlinale allerdings alle überzeugt. „Was wäre denn die Konsequenz“, fragt „A problem with fear“-Produzentin Shirley Vercruysse, „nur noch Massenware aus Hollywood weltweit? Das will wohl keiner!“

WILFRIED URBE