: Schwäbisch Hall beim großen Sprung
In China eröffnet die Bausparkasse aus Süddeutschland als erstes ausländisches Institut sein Privatkundengeschäft. Bausparverträge für zukünftige chinesische Eigenheimbesitzer. Internationale Großbanken haben bislang keinen Zutritt
AUS PEKING GEORG BLUME
Jeder Chef eines internationalen Bankhauses wäre froh, für sein Unternehmen vom „Durchbruch in den größten Privatkundenmarkt der Welt“ sprechen zu können. Doch China blieb den Großen der Weltfinanz – von Deutscher Bank bis Citibank – bislang verschlossen. Stattdessen darf jetzt ein mittelständisches deutsches Finanzunternehmen aus der schwäbischen Provinz für sich in Anspruch nehmen, „das erste internationale Finanzinstitut mit Privatkundengeschäft in China“ zu sein. Die unbescheidenen Worte stammen von Alexander Erdland, dem Vorstandsvorsitzenden von Schwäbisch Hall, der größten deutschen Bausparkasse. Erdland, ein gewöhnlich stiller Mann, dessen öffentliche Ausführungen meist um die Begriffe „Vertrauen, Verlässlichkeit, Sicherheit“ kreisen, ließ sich am Montagabend in Peking mitreißen: „Unglaublich prickelnd“ sei die Stimmung – nachdem am gleichen Tag erstmals in dem großen Land eine deutsch-chinesische Bausparkasse ihre Pforten öffnete.
Erdlands Euphorie ist leicht nachzuvollziehen. Ausgerechnet sein kleines, 3.500 Mitarbeiter zählendes Genossenschaftsunternehmen ist nun Vorzugspartner von Chinas drittgrößter Bank, der China Construction Bank mit ihren 300.000 Mitarbeitern. Gemeinsam wollen sie den Chinesen das Bausparen beibringen – in einer Zeit, da der kommunistische Staat den Großteil öffentlicher Wohnungen privatisieren lässt, Abermillionen Chinesen zu Wohnungsbesitzern geworden sind und zugleich der Wohnungsbau boomt. Es geht um einen beträchtlichen Kuchen: Auf 80 Milliarden Euro belief sich das Volumen des chinesischen Wohnungsbaumarkts im vergangenen Jahr, 2004 soll es auf 100 Milliarden Euro steigen.
Doch möchte der Bauspar-Exporteur nicht missverstanden werden: Das Große wächst für ihn im Kleinen. Durchschnittlich erwarte man in China eine Bausparvertragshöhe von umgerechnet 6.600 Euro. Für westliche Verhältnisse ist das eine kleine Summe, die aber in China in der Regel ausreicht, um den größten Teil einer Kleinfamilienwohnung zu finanzieren. So kommt es eigentlich auf die Masse der Verträge an. 160.000 Stück sollen in den kommenden drei Jahren gezeichnet werden, das ist nicht viel. Aber so lange währt die Anfangszeit, in der die Partnerunternehmen ihr neues Produkt nur in der nordchinesischen Hafenmetropole Tianjin anbieten. Später will man das Kapital aufstocken, das sich derzeit auf 16 Millionen Euro beläuft, dabei auch den deutschen Anteil von derzeit 24,9 Prozent auf 45 Prozent erhöhen, um ab 2007 im ganzen Land aktiv zu werden.
Der politische Reiz des Projekts liegt derweil in seinem leicht antikapitalistischen Flair. „Bausparen ist vom Kapitalmarkt unabhängig und deshalb in China politisch gewollt“, bemerkte Erdland. War das auch der Grund, warum Bundeskanzler Gerhard Schröder das Projekt in den letzten Jahren anschob? „Ohne ihn wäre die Sache bis heute nicht gelaufen.“ Der Schwabe Erdland ist dieser Tage allen Genossen dankbar.