: Erste große Pleite für die Hartz-Reform
Insolvenz des größten Betreibers von Personal-Service-Agenturen ist Rückschlag für rot-grüne Arbeitsmarktreformen. Opposition hält staatlich subventionierte Leiharbeit für gescheitert, Grüne wollen Vergabepraxis der Bundesagentur ändern
AUS BERLIN ANDREAS SPANNBAUER
Nach der Insolvenz des größten Betreibers von Personal-Service-Agenturen (PSA), Maatwerk, ist eine neue Diskussion über die rot-grüne Arbeitsmarktpolitik entbrannt. „Der Versuch einer Verstaatlichung der Leiharbeit ist gescheitert“, sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP, Dirk Niebel, im Gespräch mit der taz. Er halte die PSA für falsch, weil diese eine „unfaire Konkurrenz zu privaten Zeitarbeitsfirmen“ seien. Der Arbeitsmarktexperte der CDU/CSU, Karl-Josef Laumann, rief Wirtschaftsminister Wolfgang Clement zu einer Kurskorrektur auf. Die PSA seien „auf dem harten Boden der Tatsachen wie billiges Porzellan zerbrochen“.
Das deutsche Tochterunternehmen des niederländischen Personaldienstleisters hatte am Montag Insolvenz angemeldet. Maatwerk betrieb bisher 200 der 1.000 staatlich subventionierten Leiharbeitsagenturen und war damit der größte Partner der Bundesagentur für Arbeit (BA) für den im April 2003 eingeführten Verleih von Langzeitarbeitslosen. Nach Auskunft eines BA-Sprechers werden die betreffenden PSA vorerst geschlossen; rund 9.500 PSA-Beschäftigten und 600 Verwaltungsangestellten droht die Arbeitslosigkeit.
Mit den Personal-Service-Agenturen will die Bundesregierung Langzeitarbeitslose wieder in den Jobmarkt eingliedern. Die PSA stellen Arbeitslose an, die sie als Zeitarbeiter an Unternehmen verleihen. In Zeiten, in denen die PSA-Beschäftigten nicht ausgeliehen sind, muss sie die Zeitarbeitsfirma für den ersten Arbeitsmarkt weiterqualifizieren.
Die PSA bekommen pro angestelltem Langzeitarbeitslosen eine Subvention von zumeist zwischen 1.100 und 1.300 Euro monatlich für das erste Vierteljahr. Nach drei Monaten sinkt diese Pauschale auf 75 Prozent, danach auf 50 Prozent. Ob die Insolvenz von Maatwerk damit zu tun hat, dass diese Fördersummen degressiv sind und abnehmen, war gestern nicht zu erfahren. Maatwerk gab keine Stellungnahme ab.
Aus den bisherigen Erfahrungen jedenfalls geht hervor, dass nur wenige der ausleihenden Unternehmen die PSA-Zeitarbeiter in ihrer Firma auf eine feste Stelle übernehmen. Die Union kritisierte, dass bisher gerade einmal 6.375 Menschen durch die PSA eine dauerhafte Beschäftigung gefunden haben.
Insgesamt existieren 44.000 Stellen bei den PSA, von denen derzeit nur 32.000 besetzt sind. Daher gebe es für die 9.500 Arbeitnehmer, die bisher bei Maatwerk beschäftigt gewesen seien, einen „gewissen Spielraum“, hieß es bei der BA in Nürnberg.
Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner bezeichnete die Insolvenz als „Rückschlag“ für die Hartz-Reform. Der SPD-Abgeordnete sprach sich dafür aus, künftig bei der Vergabe stärker auf eine „Streuung“ der Anbieter zu achten. Grundsätzlich wolle die SPD jedoch nichts an den Hartz-Gesetzen ändern.
Die grüne Abgeordnete Thea Dückert sagte, die Insolvenz werfe „ein deutliches Licht auf die Schwierigkeiten der Vergabepraxis“. Die BA habe bei der Vergabe von Aufträgen nicht auf die regionale Verankerung des Anbieters geachtet, kritisierte Dückert im Gespräch mit der taz. Sie forderte eine Änderung der Vergabekriterien: „Eine gute regionale Verankerung, hohe Erfolgsquoten und nachweislich gute Erfahrungen in der Praxis müssen ebenso wichtig werden wie günstige Angebote.“ Auch die Caritas verlangte neue Vergabebedingungen. „Anbieter, die zu Dumpingpreisen Qualifizierungsmaßnahmen durchführen, werden auf Dauer keinen Erfolg haben“, sagte Christoph Eikenbusch, Referent für Caritas-Projekte gegen Arbeitslosigkeit in Paderborn.
Die von Maatwerk angestellten PSA-Beschäftigten müssen sich nun wieder arbeitslos melden. Welche Unternehmen künftig mit dem Betrieb der PSA beauftragt werden sollen, steht noch nicht fest. Der SPD-Abgeordnete Brandner setzte sich dafür ein, von einer neuen Ausschreibung abzusehen: „Jetzt muss schnellstens gehandelt werden.“ Der Chef der Bundesagentur, Frank-Jürgen Weise, kündigte an, man wolle ohne ein neues Vergabeverfahren Verträge mit anderen Personaldienstleistern abschließen.