Zu schwul, zu links, zu ausländisch

GAL und Offener Kanal protestieren gegen die geplanten Änderungen des Landesmediengesetzes. Die Rundfunkgebühren für den Offenen Kanal sollen nach dem Willen des Senats künftig die halbprivate Media School finanzieren helfen

von PETER AHRENS

„In keinem anderen Bundesland kommt man auf so merkwürdige Ideen“, sagt GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch und kann sich ein mehrmaliges Kopfschütteln nicht verkneifen. Die merkwürdige Idee – das ist der Plan des Senats, das Hamburger Mediengesetz so zu ändern, dass der Offene Kanal (OK), bislang in der Trägerschaft der Landesmedienanstalt (HAM), der in Gründung befindlichen halbprivaten Media School angegliedert werden kann. Für die MacherInnen des OK, die gestern gemeinsam mit der GAL vor die Presse traten, der Anfang vom Ende des Bürgerfunks. „Ein Angriff auf die Bürgerrechte“, formuliert Goetsch.

Für Peter Gehlsdorf vom Nutzerforum des OK steckt hinter der Senatsabsicht vor allem der klare politische Wille, „einem unliebsamen Sprachrohr“ den Saft abzudrehen: „Wir sind dem Senat zu links, zu schwul, und wir haben zu viele Ausländer.“ Goetsch und Gehlsdorf verweisen auf Äußerungen des CDU-Fraktionschefs Michael Freytag, der schon im vergangenen Sommer in der Bild-„Zeitung“ gefordert hatte, es müsse Schluss damit sein, dass das „Hobby von Minderheiten“, wie er sich ausdrückte, mit öffentlichen Rundfunkgebühren finanziert werde.

Der Senat will stattdessen diese Rundfunkgebühren von jährlich 800.000 Euro nutzen, um sich die Finanzierung der Media School zu erleichtern. Wie GAL-Medienpolitiker Farid Müller erfahren haben will, sind private Sponsoren, welche die Eliteschule mitbezahlen sollen, bisher weitgehend ausgeblieben, so dass die Schule schon in ihrer Gründungsphase ein Finanzierungsproblem hat. Die Rundfunkgebühren des Offenen Kanals wären da als warmer Geldsegen hochwillkommen. Senatssprecher Christian Schnee möchte dazu noch keine Stellung nehmen und verweist auf die Senatssitzung am kommenden Dienstag, in der sich die Regierung mit dem Mediengesetz beschäftigen wird.

Nach dem Konzeptentwurf der Media School soll der Offene Kanal künftig als „Plattform für die praxisnahe und qualifizierende Ausbildung“ für „betriebswirtschaftlich-rechtliche und kreativ-produzierende Führungskräfte“ an der Medien-Akademie dienen. Gleichzeitig sollen die MacherInnen des OK von der Professionalität der Ausbildung profitieren. Eine Rechnung, die für Gehlsdorf und den Macher des deutsch-türkischen Morgenradios „Oriental Sabah“, Bülent Kayaturan, nicht aufgeht. „Wir sehen darin eine klare Einmischung in unsere Programmgestaltung“, sagt Gehlsdorf.

Dass alle Beiträge in Zukunft erst einer Prüfung und Genehmigung unterliegen sollen, nennt er „eindeutige Zensur“. Für Kayaturan besteht die akute Gefahr, dass der OK als „Brücke zwischen Deutschen und Ausländern kaputtgeschlagen wird“.

Völlig unklar ist den OK-MacherInnen auch, was mit den Rundfunksendungen geschehen wird. In dem Konzept der Media School ist ausschließlich von dem Fernsehprogramm die Rede. Müller befürchtet daher, dass die Radiofrequenz kommerziell ausgeschrieben werden soll. Eine Vergabe freier Sendezeiten an private Dritte ist aus seiner Sicht gar „verfassungswidrig“. Die GAL werde das Konzept, wenn es am kommenden Dienstag offiziell vorgestellt wird, juristisch genau prüfen, kündigt er an. 125 Radiosendungen, die allmonatlich produziert werden, würden dann aus dem Äther verschwinden.

Damit verbunden, das erwähnt Müller nur am Rande, ist ein Stellenabbau bei der HAM. Bis zu 20 MitarbeiterInnen könnten durch die Umstrukturierung ihren Job verlieren.

Den freien Zugang von BürgerInnen zu einem Medium, in dem sie „befähigt werden, über jedes Thema ihrer Wahl reden zu können“, sieht Gehlsdorf, der die schwule Fernsehsendung „Pink Channel“ betreut, mit den Gesetzesänderungen des Rechts-Senats beschnitten: „Das war vor allem der CDU immer der größte Dorn im Auge.“ Der Dorn wird jetzt herausgezogen.