Jubiläum für giftiges Acrylamid

Ein Jahr ist es her, dass die Substanz in Pommes, Keksen und Toast entdeckt wurde. Zwar sinken mittlerweile die Konzentrationen, durchschlagende Erfolge gibt es aber nicht

BERLIN taz ■ Acrylamid in Pommes frites, Kartoffelchips oder Knäckebrot – das war die Schreckensnachricht, die heute vor einem Jahr aus schwedischen Forschungslaboren kam. In Deutschland konnten die Spitzenwerte bei einigen belasteten Lebensmitteln inzwischen deutlich gesenkt werden. Das erklärte zumindest gestern das Bundesministerium für Verbraucherschutz in Berlin.

Staatssekretär Alexander Müller zog eine positive Bilanz über das so genannte dynamische Minimierungskonzept von Bund und Ländern, das seit August letzten Jahres die Belastung von Lebensmitteln mit Acrylamid mindern soll. Demnach konnten die Signalwerte – das sind die Spitzenwerte in bestimmten Produktgruppen – um bis zu 25 Prozent gesenkt werden. Zum Beispiel bei Pommes und Toastbrot.

Indes könnten Wissenschaftler bisher aber nicht sagen, wo ein sinnvoller Grenzwert festzusetzen sei, sagte Müller. Deutschland sei mit seiner Minimierungsstrategie bisher das einzige Land, das die Acrylamidbelastung in Lebensmitteln überhaupt irgendwie reduziere, erklärte er.

Bisher liegen über 3.000 Untersuchungsergebnisse von amtlichen Lebensmittelüberwachungen vor. Die jeweils zehn höchsten Werte einer Produktgruppe werden, so das Minimierungskonzept, als über dem Signalwert liegend angesehen. Dann werden Hersteller angesprochen, ihre Produktionsverfahren zu ändern.

Geringere Temperaturen bei der Lebensmittelherstellung, aber auch die Verwendung anderer Kartoffelsorten könne die Acrylamidbelastung senken, sagte Christian Grugel, Leiter des Bundesamtes für Verbraucherschutz. Die Umstellung der Produktionsprozesse aber benötige ebenso wie die Pflanzung geeigneter Kartoffelsorten Zeit. Rasche, durchschlagende Effekte könne es demnach nicht geben, wohl aber viele kleine Schritte bei einzelnen Produkten, sagte Grugel. Die Unternehmen seien selbst bemüht, die Acrylamidbelastung ihrer Produkte zu senken.

Müller beklagt, ohne ein Verbraucherinformationsgesetz könnten Untersuchungsergebnisse einzelner Produkte nicht namentlich veröffentlicht werden. Im nordrhein-westfälischen Verbraucherschutzministerium beruft man sich hingegen auf das Informationsfreiheitsgesetz. Ein rechtliches Risiko bleibe jedoch bestehen, sagte Sprecherin Carolin König. Aber auch hier habe man den Eindruck, die Unternehmen selbst wollten die Werte senken. IMKE ROSEBROCK