: Tourismus ins Krankenhaus
Arabische Patienten zieht es zunehmend nach Deutschland und nicht mehr in die USA
BERLIN taz ■ Der Eingangsbereich der Berliner „International Clinic“ erinnert an eine Hotellobby. Ein Sofa und ein dunkler Bücherschrank, die arabischen Titel lassen auf die Herkunft einiger Patienten schließen. Munther haj Ahmad, Neurochirurg und Leiter der Sechs-Betten-Klinik, operiert mit neuesten Methoden Bandscheiben und Wirbelsäulen. Das hat sich bis in die arabischen Länder herumgesprochen: Vor drei Jahren kamen von dort drei bis vier Patienten pro Jahr, inzwischen habe er am Tag mindestens eine Anfrage aus der Region.
Seitdem die Anschläge vom 11. September das arabisch-amerikanische Verhältnis schwer belasten, lassen sich viele arabische Patienten nicht mehr in den Vereinigten Staaten, sondern in Deutschland behandeln. „Im Jahr 2000 sind rund 80 Prozent der arabischen Patienten in die USA gegangen“, schätzt Joachim Kamrad, Geschäftsführer der Mannheimer Vermittlungsfirma „Health Service International“. Doch inzwischen schreckt viele ab, wie rigide die USA Menschen aus den arabischen Staaten bei der Einreise überprüfen. „Wer jahrelang als Geschäftsreisender oder eben auch zum Gesundheitscheck in die Staaten gefahren ist, der will jetzt nicht seine Fingerabdrücke abgeben oder das so genannte Profiling über sich ergehen lassen“, fasst Kamrad seine Gespräche mit arabischen Patienten und Geschäftspartnern zusammen.
Jasmin Porter, Geschäftsführerin von „German Health“, bestätigt, dass sich die Patientenzahl seit dem 11. September verdoppelt hat. Tendenz steigend. 80 Prozent der Patienten, die das Unternehmen aus Fürth vermittelt, kommen nach Porters Angaben aus der arabischen Region. In Deutschland lassen sich nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft pro Jahr bis zu 60.000 Menschen aus dem Ausland medizinisch behandeln. Etwa 6.000 davon kommen laut Porter aus arabischen Ländern.
„Die Globalisierung macht auch vor dem Gesundheitswesen nicht Halt“, sagt Kirsten Adamec aus der Geschäftsstelle des „Kuratoriums zur Förderung deutscher Medizin im Ausland“. Der Verein will den „Medizinstandort Deutschland“ international profilieren. Dazu gehöre vor allem die Telemedizin, bei der Kliniken weltweit vernetzt seien und Daten für die Diagnostik austauschten. Auch könne „live“ operiert werden: Per Monitor werden Fachleute aus anderen Ländern zugeschaltet.
Der Medizintourismus ist nicht nur bei den Vermittlungsfirmen gern gesehen. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft begrüßt die Behandlung ausländischer Patienten: „Das sind planbare Operationen, die Krankenhäuser können freie Kapazitäten ausfüllen.“
IMKE ROSEBROCK