: Fatale Fälschung
1868 veröffentlichte Hermann Goedsche, ein suspendierter Postbote, unter dem Pseudonym Sir John Retcliffe den Roman „Biarritz“. Dieser Roman wurde zu einer der Hauptinspirationsquellen für die „Protokolle der Weisen von Zion“, ein Dossier, das Ende des 19. Jahrhunderts von der zaristischen Geheimpolizei erstellt wurde und Authentizität behauptete. Der angebliche „dokumentarische Bericht“ sollte den Beweis für eine jüdische Weltverschwörung liefern.
Das in „Biarritz“ enthaltene Kapitel „Auf dem Judenfriedhof in Prag“ gilt als eines der wichtigsten Vorbilder für die „Protokolle“. Dort geht es um eine geheime nächtliche Versammlung, in der Vertreter der zwölf Stämme Israels planen, wie sie mittels der Wirtschaft, der Finanz- und Medienwelt die Weltherrschaft erlangen können.
Erst in den 1920er-Jahren wurden die „Dokumente“ als Fälschung entlarvt. Ihre Wirkung als antisemitische Hetzschrift jedoch blieb ungebrochen, bis heute kursieren die „Protokolle“ in diversen Übersetzungen. Als besonders folgenschwer erwies sich die kurz nach dem Ersten Weltkrieg erschienene deutsche Version: Ihr Einfluss auf führende Nazis und deren judenfeindliche Politik lässt sich quellengeschichtlich nachweisen. TAN