: Der andere Blick
Wenn Probleme im Beruf zu Lebenskrisen werden, ist ein Coach oft hilfreicher als Lebenspartner oder Kollegen
Ein Unternehmer bringt sich und seine Frau um. Bei der Suche nach dem Motiv findet die Polizei in den Geschäftsräumen einen Abschiedsbrief. Die Firma stand vor dem Ruin. Der vorweggenommene Verlust der Firma, der Selbstachtung, der befürchtete soziale Abstieg erschienen ihm bedrohlicher als der Tod.
Familienmitglieder und Bekannte sind bestürzt. Nichts hat auf eine so ausweglose Lage hingedeutet. Über die Probleme im Betrieb hat der Mann nicht gesprochen. Geschäftspartner wussten, er hatte zu kämpfen. Aber die Zeiten seien eben schwierig. In der Firma liefen alle Entscheidungen über den Chef, wenig war delegiert. Koordinationsprobleme habe man mitbekommen. Ob Gespräche über berufliche Probleme stattgefunden hätten? Nein. Das sei auch nicht üblich.
Probleme im Beruf können zu handfesten Lebenskrisen werden. Wer Probleme hat, bezieht sie häufig in einer Weise auf sich, die die Klärung unmöglich machen: Es liegt an mir ...; wenn ich nur ... ; ich schaff‘s, ich reiß das Ruder noch rum ... . Je enger und bedrohlicher die Lage erscheint, desto schwieriger wird es, den Kopf frei zu behalten für eine klare Sicht der komplexen Situation.
Doch Konflikte kommen überall vor – es kommt darauf an, sie zu erkennen und zu klären. Dazu hilft nur eines: Sprechen. Und zwar möglichst früh; mit Menschen, die geeignet sind, Klarheit in die Situation zu bringen, die nicht Teil des Problems sind. Das können Freunde sein, Familienmitglieder oder Kollegen. Oder eine professionelle BeraterIn – ein Coach. Das gilt insbesondere für Menschen in komplexen Strukturen, an die als Führungskraft hohe persönliche und fachliche Anforderungen gestellt werden.
Wenn sich die Lage zuzuspitzen droht, wenn es nicht mehr um die Klärung klar umrissener Sachfragen geht, kann ein guter Coach in der Krisenbewältigung hilfreicher sein als der Partner oder Vorgesetzte. Denn im Unterschied zu diesen besteht zwischen Coach und Klient keine Abhängigkeit oder Interessenkollision. So wird der Coach zwar immer parteilich für die Person, in der Sache aber neutral sein und den Problemen wachsam und unängstlich gegenüberstehen. Das ermöglicht ihm, Abstand und Überblick, also statt einer mehrere Perspektiven herzustellen und über die Bewältigung der aktuelle Situation hinaus zur Entwicklung von mehr Selbstmanagement zu verhelfen. All dies geschieht im geschützten Rahmen – garantierter Diskretion – und innerhalb einer Beziehung auf gleicher Augenhöhe. Der Coach wird stets das Expertentum der Führungskraft für deren Themen anerkennen und deren Recht auf Schutz und Widerstandslust. Selbstöffnung kann nur freiwillig geschehen, nicht unter „Zwang“.
Haben Menschen etwas zu managen, arbeiten sie mit der Ganzheit ihrer Person: Mit dem, was sie für wert halten, denken und planen, was sie empfinden und fühlen. Die Ganzheit ist ein lebendiges System. Es kann strapaziert sein, beschädigt werden, aus dem Fließgleichgewicht geraten, zusammenbrechen. Coaching leistet eine Unterstützung für diese Veränderungs- und Integrationsleistungen. Prof. Petra Stahl, Dipl. Psych., Supervisorin (DGSv), MUTamento, Unternehmen für Supervision, Coaching und Organisationsberatung, ☎ 040/41 49 79 50