: Verkauf um jeden Preis
Die Regierungsfraktionen sind fest entschlossen, die städtischen Kliniken abzustoßen, ganz gleich, was das Volk sagt. Mit der Begründung für den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser aber tut sich der Senat schwer
von PETER AHRENS und GERNOT KNÖDLER
So klare Verhältnisse würden sich die Parteien wünschen. Drei Viertel der HamburgerInnen wollen laut Umfrage zum Volksentscheid am kommenden Wahlsonntag den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) ablehnen. Eine Quittung für die Regierung und vor allem für Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU), der die Privatisierung des LBK zu seiner persönlichen Angelegenheit gemacht hat. Volkes Stimme spricht eine eindeutige Sprache – ob dieses Votum jedoch auch umgesetzt wird, ist völlig offen. Die VertreterInnen der Senatsfraktionen haben jedenfalls klar gemacht, dass sie zur Privatisierung nach wie vor entschlossen sind.
Ein potenter Investor steht schließlich mit der Asklepios-Gesellschaft schon Gewehr bei Fuß, um den LBK mehrheitlich zu übernehmen. Und er kann damit rechnen, dass er bei einer Fortsetzung des Rechts-Senats auch zum Zuge kommt. CDU-Gesundheitsexperte Dietrich Wersich hat noch am Donnerstagabend in einer Podiumsdiskussion den Entschluss bekräftigt: Der LBK wird verkauft – egal, wie das Wahlvolk am 29. Februar abstimmt. Und auch aus FDP-Kreisen hört man, man werde das Ergebnis des Volksentscheids nur akzeptieren, wenn es im Sinne des Senats ausfalle. Zu symbolbehaftet ist das Projekt LBK-Verkauf für den Senat mittlerweile, um davon Abstand zu nehmen. Am LBK exerziert der Senat sein Rezept, den Haushalt zu entlasten: Der LBK ist zum Exempel für die Privatisierungspolitik der Regierung von Beust geworden.
Der Bürgermeister selbst hat nach Bekanntwerden der Umfrageergebnisse Mitte der Woche davon gesprochen, er werde „über ein solches Votum nicht kaltschnäuzig hinweg gehen“. Diejenigen, die wie die Gewerkschaft ver.di daraus bereits interpretierten, der Senat bereite einen Kurswechsel vor in Sachen LBK, irren. Von Beust weicht vor der Bürgerschaftswahl lediglich rhetorisch die Fronten auf.
Strategischer Partner für den scharfen Wettbewerb
Dabei tut sich der Senat schwer damit, den Verkauf schlüssig zu begründen. Peiner zufolge soll die Privatisierung eine medizinische Versorgung auf hohem Niveau gewährleisten, den Mitarbeitern eine Zukunft geben, den Medizinstandort stärken und den Haushalt von Zukunftsrisiken entlasten.
Den Strukturwandel im Gesundheitswesen und den sich verschärfenden Wettbewerb könne der LBK nur bestehen „mit der Unterstützung eines oder mehrerer am Gesundheitsmarkt erfahrener und erfolgreicher strategischer Partner“, behauptet die Finanzbehörde auf ihrer Internetseite. Dass der LBK selbst ein alter Riese auf dem Gesundheitsmarkt ist, fällt dabei unter den Tisch. Während die als strategischer „Partner“ avisierte Asklepios-Gruppe ihren Schwerpunkt bei kleinen Kliniken im ländlichen Raum hat, betreibt der LBK das Massengeschäft mit Hochleistungskliniken. Asklepios habe vielleicht den „Barkassenführerschein aber kein Hochseepatent“, war auf der ver.di-Veranstaltung zu hören.
So oder so werden bei den Krankenhäusern in Zukunft Arbeitsplätze abgebaut werden, denn es gilt als sicher, dass einige der 38 Krankenhäuser nicht mehr gebraucht werden. Seit seiner Umwandlung in eine Anstalt öffentlichen Rechts 1995 hat der LBK nach eigenen Angaben 4500 Arbeitsplätze „sozialverträglich“ abgebaut. Dass der Umsatz pro Mitarbeiter mit rund 62.000 Euro beim LBK besonders schlecht wäre, wie es die Behörde behauptet, lässt sich zumindest im Vergleich mit Asklepios, wo angeblich nur 52.000 Euro umgesetzt werden, nicht behaupten.
Bei Überführung in die neue Betriebsgesellschaft sollen die Beschäftigten nach Aussage der Behörde ihren tariflichen Besitzstand wahren können. Das habe der Senat mit Asklepios vereinbart. Betriebsbedingte Kündigungen würden „auch über das Jahr 2005 hinaus ausgeschlossen, wenn das geplante Unternehmensziel des jeweils vorangegangenen Geschäftsjahres erreicht worden ist.“
Das zentrale Argument für die Privatisierung aus Sicht des LBK ist die Versorgung mit Kapital für das Auflösen des Sanierungsstaus bei den Krankenhäusern und Investitionen in die rasant fortschreitende Medizintechnik. Der Senat argumentiert, die Finanzierung des LBK habe sich seit 1995 „kritisch entwickelt“. LBK-Sprecher Siegmar Eligehausen hält dem entgegen, seinem Betrieb seien bei dessen Gründung vom Senat Schulden von 80 Millionen Euro mitgegeben worden. Ohne diese Last hätte der LBK Gewinn abgeworfen.