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Archiv-Artikel

Deutschland wird blockfrei

Die USA und Russland streiten um die Aufhebung der Sanktionen gegen Irak. Deutschland legt sich nicht fest. US-Außenminister droht Paris wegen der Ablehnung des Krieges mit Konsequenzen

Von wg

BERLIN/PARIS dpa/rtr/taz ■ In der Debatte um die Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak will Deutschland eine neue Konfrontation vermeiden. Im Gegensatz zu den ständigen Ratsmitgliedern Frankreich und Russland bezog die Bundesregierung als zeitweiliges Mitglied gestern keine klare Position. „Wir sind für alles offen, was den Wiederaufbau voranbringt“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Man stehe erst am Anfang einer intensiven Diskussion im Sicherheitsrat. Alle Lösungsansätze sollten „pragmatisch“ geprüft werden. Entscheidungen müssten unter dem Dach der Vereinten Nationen getroffen werden.

Vizeregierungssprecher Thomas Steg erinnerte an die internationale Rechtslage. Demnach könne der Sicherheitsrat über die Aufhebung der Sanktionen entscheiden, wenn UN-Chefwaffeninspektor Hans Blix in einem Abschlussbericht mitgeteilt habe, dass der Irak keine Massenvernichtungswaffen mehr besitze. Diese Haltung vertritt auch Russland, während Frankreich dafür plädiert, die Sanktionen mit sofortiger Wirkung „auszusetzen“. Paris hat sich damit überraschend der Position der USA angenähert. Den USA war diese Annäherung nicht weitreichend genug, sie fordern die „Aufhebung“ der Sanktionen.

Mit ungewöhnlicher Schärfe hat US-Außenminister Colin Powell Frankreich für seinen Widerstand gegen den Irakkrieg kritisiert und mit Konsequenzen gedroht. „Wir müssen alle Aspekte unserer Beziehung zu Frankreich im Lichte dieser Situation beleuchten“, sagte Powell in einem Fernsehinterview. Er bezog sich auf das von Frankreich im März angedrohte Veto gegen eine UN-Resolution, die die USA zum Irakkrieg hätte ermächtigen sollen. Die USA hatten ihre Bemühungen um UN-Unterstützung für den Krieg daraufhin aufgegeben. Auf die Frage, ob Widerstand gegen die US-Position Konsequenzen nach sich ziehe, antwortete Powell knapp mit Ja. Einzelheiten nannte er nicht.

Paris zeigte sich überrascht über Powells scharfe Worte. „Diese Äußerungen entsprechen in keiner Weise der Realität unserer gegenwärtigen Beziehungen mit den USA“, sagte ein Regierungssprecher. Villepin äußerte sich am Rande eines Besuchs in Ankara: „Frankreich hat während der gesamten Krise um den Irak zusammen mit einer sehr großen Mehrheit der internationalen Gemeinschaft gehandelt, um seinen Überzeugungen und Grundsätzen entsprechend die internationale Legalität zu verteidigen.“ Paris werde diesen Kurs „unter allen Umständen“ fortsetzen. wg