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Archiv-Artikel

Studenten schlafen noch

Auf dem Campus wissen erst wenige, dass die Hochschulen mit rigiden Zulassungsbeschränkungen auf den rot-roten Sparkurs reagieren wollen. Leere Drohungen, kritisieren die Studentenvertretungen

von LUCIA JAY

„Die Humboldt-Universität lädt angehende Studenten vom 19. bis 23. Mai zu einer Studieninformationswoche ein“, verkündet ein Plakat im Foyer. Im Moment sieht es nicht so aus, als ob daraus was werden würde: Die Humboldt-Universität (HU) will für das Wintersemester keine Erstsemester mehr aufnehmen und damit erübrigt sich wohl auch die geplante Informationswoche.

Auf dem Rasen im Innenhof aalen sich Studenten grüppchenweise in der Sonne. Nur wenige haben von der Entscheidung gehört. Fast niemand kann sie bewerten. Eine Gruppe von Jura-Erstsemestern steht sichtlich orientierungslos auf dem Weg rum. „Ist das denn legitim, einfach keine Studenten mehr aufzunehmen?“, fragt Sebastian Brinschwitz ganz im Forschungssinn seines Fachs. Und eine langfristige Lösung sei das doch auch nicht, gibt der frisch gebackene Student zu bedenken. „Wie sollen denn dann die Studenten im folgenden Sommersemester aufgefangen werden?“ Überrascht seien sie alle von einer derartigen Entscheidung der Uni-Leitung. Jannek ist einerseits froh, einen Studienplatz zu haben, findet aber, dass man über Möglichkeiten nachdenken muss: „Vielleicht ein Spendenaufruf?“, schlägt er vor.

Realistischer geht der ReferentInnenrat des StudentInnenparlaments der HU (RefRat) im Cafe „Krähenfuß“ mit der Nachricht um. „Ein absoluter Aufnahmestopp ist rechtlich nicht durchzusetzen“, sagt Anne Ware. „Wir kritisieren an der Uni-Leitung vor allem ihre Informationspolitik. Niemand wusste von der Entscheidung.“ Jacek Darlinski bewertet das Säbelrasseln der HU auch kritisch: „Die haben gedacht, wir springen mit auf, aber so nicht!“ Die Forderungen der RefRat-Gruppe ist es, die Uni zu öffnen und nicht zu schließen. „Der Kern der Debatte wird von der Uni-Leitung nicht angesprochen: Die Unis brauchen die nötigen Lehrmittel, damit sie nicht zu Eliteschmieden verkommen.“ Die Wände vom „Krähenfuß“ sind mit bunten Plakaten geradezu tapeziert. Streiks seien noch keine geplant, aber es sei nun vor allem wichtig, die Brisanz des Themas auch draußen auf der sonnigen Wiese vom Innenhof zu vermitteln, so Anne. „Wir hoffen, dass bald Protest laut wird gegen die momentanen Entwicklungen.“

Freie Universität (FU) und Technische Universität (TU) sehen zwar keinen Zulassungsstopp vor, erwägen aber in allen Fächern einen Numerus clausus (NC) einzuführen. „Aber natürlich geht es hier nicht nur um den NC“, gibt Anja Schillhaneck vom TU-AStA zu bedenken. „Das ist vielmehr eine hilflose Reaktion der Universitätsleitung und eine lachhafte obendrein.“ Der NC spare nicht das nötige Geld ein, löse keine Probleme und deshalb seien das auch „keine Mittel, die wir unterstützen“. Schillhaneck weiß aber auch nicht so recht weiter: „Bei diesen sarrazinischen Ideen kann man gar nicht mehr konstruktiv reagieren.“ Proteste erhofft sie von denen, die sich zum Wintersemester bewerben und beten müssen, dass ihre Abi-Note ausreicht.