: Kompromiss im Streit um Langzeitarbeitslose
Rot-grüne Koalition plant eine Grundgesetzänderung, damit Kommunen auch künftig Arbeitslose betreuen können
BERLIN taz ■ Im Streit um die Betreuung Langzeitarbeitsloser zeichnet sich jetzt eine Einigung ab: Danach planen rot-grüne Sozialpolitiker eine Grundgesetzänderung, damit Städte und Gemeinden künftig direkt ihre Kosten vom Bund erstattet bekommen, wenn sie Langzeitarbeitslose betreuen. Das erklärte gestern die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Thea Dückert, nach einer Sitzung der zuständigen Arbeitsgruppe im Vermittlungsausschuss.
Laut dem Gesetz zu Hartz IV sollen ab Januar 2005 alle erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger sowie die bisherigen Arbeitslosenhilfebezieher vom Bund das so genannte Arbeitslosengeld II erhalten, insgesamt werden das etwa 2,5 Millionen Menschen sein. Den Stadt- oder Gemeindeverwaltungen soll aber in einem „Optionsmodell“ die Möglichkeit eingeräumt werden, die Betreuung und Eingliederung der örtlichen Langzeitarbeitslosen auch selbst übernehmen zu können. Bund und Kommunen stritten bis gestern darum, wie diese Zusammenarbeit rechtlich und finanziell gestaltet werden soll.
Der Knackpunkt: Damit die Kommunen, die sich für die Betreuung der Langzeitarbeitslosen entscheiden, die Kosten dafür direkt vom Bund erstattet bekommen, ist eine Grundgesetzänderung nötig. Denn die geltende Verfassungsordnung sieht unmittelbare Finanzbeziehungen zwischen Bundesregierung und den Stadt- und Gemeindeverwaltungen unter Umgehung der Länder nicht vor. Man strebe jetzt eine Grundgesetzänderung an, die „speziell auf diesen Fall zugeschnitten ist“, sagte Dückert. Kommunen, die sich um die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen kümmern, sollen dabei jedoch die gleichen Budgets pro Kopf bekommen wie die Arbeitsagenturen.
Der Gesetzentwurf zum Optionsmodell soll noch in der ersten Märzwoche vom Kabinett beschlossen und im April vom Bundestag verabschiedet werden. Beschäftigungsmaßnahmen, wie sie bisher schon von Stadtverwaltungen für Sozialhilfeempfänger angeboten werden, könnten danach weitergeführt werden, dann aber finanziert vom Bund. In manchen Jobcentern werden künftig also sowohl Mitarbeiter der örtlichen Arbeitsagenturen als auch der Stadtverwaltungen sitzen.
Unabhängig vom Optionsmodell werden sich der Bund und die Kommunen aber die Kosten für die Empfänger von Arbeitslosengeld II teilen: Der Bund bezahlt den Regelsatz, die Kommunen müssen die Unterkunftskosten tragen. BARBARA DRIBBUSCH