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Archiv-Artikel

Berlin, wie es sinkt und lacht

Morgen wäre die Senatssitzung. Wie jeden Dienstag. Doch schon am Karnevalssonntag traf sich die Regierung zu einer närrischen Runde. Es redete Peter Strieder. Ein Sitzungsbericht voller Frohsinn

IN DER BÜTT: PRINZ PETER I.

Einmarsch Prinz Peter I. (sonst Supersenator) und Kapelle. Der Radetzkymarsch. Müder Applaus von der PDS, Beifallsstürme bei der SPD.

Meine Damen, meine Herrn,

ich grüße Sie, wenn auch nicht gern. Will mich auch gar nicht sehr verbreiten, sondern zur Tagesordnung schreiten. Ehrlich, klar und ohne Scheu …

Gelächter bei der PDS: Ha, das wäre wirklich neu!

Ruhe da im Zeckeneck,

die Witze macht hier nur der Jeck.

Triumphierender Tusch, SPD skandiert im Chor: Und das ist der Prinz Peter.

Stimmt, Schluss mit dem Gezeter. Liebe Schwestern, liebe Brüder diese Stadt, sie liegt darnieder. Wir haben keine Euro mehr, auf Milliardenschulden tanzt der Bär. Unsre Unis sind bankrott, ernten nur noch Hohn und Spott, retten kann die nur noch Gott – uns fehlt da einfach Geld im Pott.

Seine wissenschaftliche Tollität Thomas Flierl, stehend: Sapperlott!

Und der größte Hokuspokus, kam von Ihnen, Flierl, Sie Jokus. Haben Sie es doch versucht, und das ist mehr als nur verrucht, sich mit den Streik-studenten zu verbandeln …

Flierl: Hei-Jo, ich wollte bloß verhandeln …

Schnauze, Mann! Ich war entsetzt!

Finanzmariechen Thilo Sarrazin: Arschlöcher haben mein Büro besetzt.

Liebe Närrinnen und Narren, tief im Dreck da steckt der Karren. Wie viel Opern brauchen wir? Bitte keine Antwort, Flierl. Etwas Frohsinn fliegt mir zu, denk ich an die CDU. Wie schön haben wir die doch versenkt, ihr die Bankenpleite angehängt. Und dann der größte aller Witze, der Teppichhändler an der Spitze.

Lauter Gesang: Es gibt nur einen Frank Steffel. Thomas Flierl stimmt nicht ein. Getränkeadjutantin Heidi Knake-Werner wird Bier holen geschickt.

Leider schon was länger her, und auf’m Platz läuft auch nix mehr. Seh ich diese Hertha-Nulpen, stolpern über ihre Stulpen …

Zwischenruf Klaus Böger: Halt die Blau-Weißen da bloß raus!

Ja, das geht dich an, Sportsfreund Klaus.

Klaus Wowereit hat versucht, sich unbemerkt auf seinen Platz zu schleichen und dabei die Reste der gestrigen Party von sich abzusammeln. Fragt leise seinen Nachbarn: Schimpft der Peter gar auf mich?

Böger: Nein, der Gescholtene bin ich. Auch die Kapelle hat Wowereit bemerkt. Schmetternde Fanfaren. Allgemeines Räuspern im Saal. Strieder redet ungerührt weiter.

Trainerwechsel, Reina neu, was für eine Narretei. Ach, Genossinnen und Genossen, für Berlin gehört ein Tor geschossen!

Böger: Du hast wohl was nicht mitgekriegt, die haben neulich erst gesiegt.

Zwischenruf von Harald Wolf: Böger wird immer dröger. Spontaner Applaus bei der PDS, Buhrufe von der SPD.

Und das mit den Problembezirken, also die mit vielen Türken, Ehrhart, das ging in die Hose.

Ehrhart Körting: Schuld ist Piening, die Mimose.

Eines nur, das ist famos, eines, das macht uns ganz groß. Narrenvolk, ihr ahnt es schon, ich meine unser Tempodrom. Dies herrlich Dach für eine Milliarde, vor Freude tanzt die Prinzengarde. Man kann drin feiern, wie besengt, kriegt dann sogar noch Geld geschenkt. Dafür bürgt der Bürger gern …

PDS höhnisch: Prinz Peter kommt vom andern Stern.

Schon wieder dieses linke Pack, euch hau ich alle in den Sack. Visionen habt ihr keene! Macht euern Dreck alleene!

Nicht enden wollender Beifall. Ausmarsch Strieder.

Aufgezeichnet vom närrischen taz-Eingestirn DANIEL SCHULZ