IRANWAHLEN ZEIGEN: DIE REFORM VON OBEN IST GESCHEITERT : Perspektive: Peking
Das Wahlergebnis stand von vornherein fest: Der konservative Wächterrat hatte durch die Ablehnung der meisten Reformer mindestens 190 von 289 Sitzen für die Islamisten reserviert. Spannend war nur die Höhe der Wahlbeteiligung: Sie lag bei gut 50 Prozent, also weit unter den 67 Prozent, die sich vor vier Jahren an der Wahl beteiligt hatten.
Dennoch bedeutet die Wahl für die Reformer in dreifacher Hinsicht eine Niederlage. Erstens war ihnen nicht gelungen, im Vorfeld die Massen für ihre Protestaktionen zu mobilisieren. Zweitens haben sie ihre Mehrheit im Parlament verloren, und drittens – und das ist für die Zukunft des Landes das Entscheidende – kann der Versuch, den islamischen Gottesstaat von oben zu reformieren, endgültig zu den Akten gelegt werden. Insofern sind die Wahlen vom Freitag als historisch zu bewerten: Von nun an steht fest, dass es mit dem theokratischen System im Iran keine Demokratie geben wird – und dass jede Alternative, wie auch immer sie aussehen mag, außerhalb dieses Systems liegt. Das ist auch den Islamisten bewusst.
Zwar haben sie durch eklatante Missachtung der Wahlfreiheit das Parlament zurückerobert. Doch wenn sie die Wahlen genau analysieren, werden sie feststellen, dass ihre Basis im Volk auf zehn bis fünfzehn Prozent geschrumpft ist. Sie müssen also gegen ein Volk regieren, das ihnen den Rücken gekehrt hat. Als Ausweg bleibt das chinesische Modell: moderat nach außen, autoritär nach innen.
Die Islamisten werden versuchen, mit dem „großen Satan“ USA und mit der EU zu kooperieren, die Tore des Landes für ausländisches Kapital weiter öffnen und wirtschaftlichen Aufschwung demonstrieren. Die Sache hat nur zwei Haken: Erstens: Das Lager der Rechten ist nicht homogen. Es wird vermutlich beim ersten Schritt in Richtung USA zerbrechen. Zweitens: Es ist fraglich, ob sich die USA und die EU mit einem Regime arrangieren, das gegen das eigene Volk regiert – wo sie sich doch selbst die Wörter „Menschenrechte“ und „Demokratie“ auf ihre Fahnen geschrieben haben. Zumal sie wissen, dass das Leben dieses Regimes nicht von langer Dauer sein wird. BAHMAN NIRUMAND