„Bildungsoffensive Kindergarten“? Eine Farce

Die Auswirkungen der Sanierungspolitik in den Einrichtungen der Kinderbetreuung

Von Juliane Hegewald

Entgegen der Proklamation bremischer Sozialpolitik, „Einsparungen nicht auf dem Rücken der Kinder auszutragen und deren Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten nicht zu gefährden“, hat die Untersuchung dennoch gezeigt, dass die derzeitige Situation in den Kindertagesheimen sehr bedenklich ist. Das gilt vor allem für die Betreuungssituation. Weder ist eine kontinuierliche beziehungsstiftende Betreuung für die Kinder möglich, noch eine verlässliche Entlastung der berufstätigen Eltern sichergestellt. Gerade in den soziokulturell benachteiligten Stadtteilen ist das Angebot an Ganztagsplätzen bei weitem nicht hinreichend, weil viele Eltern von ihrer Erziehungsaufgabe entlastet werden müssen und den Kindern eine besondere Förderung und damit Chancengleichheit überhaupt ermöglicht werden kann.

Auch die Schließung der Kindergärten und Horte in den Ferien geht völlig am Bedarf vorbei und stellt für berufstätige Eltern, Alleinerziehende und Familien, die sich keinen Urlaub leisten können und daher auf eine Betreuung in den Ferien angewiesen sind, eine weitere Belastung dar.

Die Erkenntnis, dass unter 6-jährige Kinder das größte Lernpotential im Vergleich zu späteren Phasen ihres „Lernlebens“ haben, ist nicht neu. Gerade in diesem Alter entwickelt sich unter anderem ihr Verständnis von der Welt, ihre Erklärungsstile für eigenes und fremdes Verhalten, ihre Neugier auf das Fremde. Diese Altersgruppe ist daher in besonderer Weise auf die innerfamiliären Erziehungs- und Bildungsmöglichkeiten beschränkt. Wo sie unzureichend sind und dies ist vorwiegend in den soziokulturell benachteiligten Stadtteilen der Fall, können diese Kinder ihr Potenzial nicht in vollem und annähernd gleichem Umfang nutzen wie die Kinder aus bürgerlichen Stadtteilen.

Das Festhalten an dem veränderten Personalschlüssel mit der Folge auch der Unattraktivität des Berufs der Erzieherin und des Arbeitens mit nur einer pädagogischen Bezugsperson für zwanzig Kinder, machen eine „Bildungsoffensive Kindergarten“ zur Farce. Pisa hat auch gezeigt, dass es im Kleinkind- und Vorschulbereich vermieden werden muss, die Kinder nur aufzubewahren, sondern dass gerade bei kleinen Kindern eine qualifizierte und kontinuierliche Betreuung notwendig ist.