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Archiv-Artikel

„Keine Dampfwalze“

Bremer SPD-Fraktionschef zieht Bilanz: Die große Koalition war insgesamt ein Erfolg – auch wenn aus der Sanierung wieder nichts geworden ist

„Die grüne Opposition war eine ziemlich mausgraue Veranstaltung“

taz ■ „Es ist nicht zu bestreiten, dass wir unser Sanierungsziel mit Auslaufen des Sanierungsprogrammes nicht erreichen werden. Wir werden 2005 weiterhin auf die Hilfe des Bundes angewiesen sein.“ Jens Böhrnsen, Chef der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft, sprach bei der gestrigen Vier-Jahres-Bilanz deutlich aus, was ohnehin alle wissen, was bisher aber nicht wirklich Eingang in die politische Debatte gefunden hat: Das Scheitern der Sanierung des kleinsten Bundeslandes.

Für die, die nach der Wahl die Macht haben werden, bedeute das, „dass wir eigentlich nur noch für ein Jahr, nämlich für 2004, wissen, wie unser Finanzrahmen aussieht“. Alles deutet darauf hin, dass die prekäre Lage des Landes einmal mehr Hauptargument für die Fortsetzung der Großen Koalition wird. Schon 1999 hieß es, eine Wiederauflage des seit 94 bestehenden Bündnisses von CDU und SPD sei aus Gründen der Handlungsfähigkeit dringend geboten. „Wir werden also mit dem, was Henning Scherf will, konstruktiv umgehen“, orakelte Böhrnsen hinsichtlich der Festlegung Scherfs auf die Fortsetzung des Bündnisses mit der CDU. „Koalitionen sind keine Liebesbeziehungen, auch wenn man das meinen könnte, wenn man die beiden Bürgermeister Scherf und Perschau ansieht“, so Böhrnsen.

Während der smarte Fraktionsvorsitzende die CDU in seiner Bilanz weitgehend in Ruhe ließ, kanzelte er die Opposition harsch ab. Die Grünen hätten „eine ziemlich mausgraue Durchschnittsveranstaltung“ abgeliefert, so ein enttäuschter Böhrnsen: „Ich hätte mir Argumente und inhaltlich begründete Alternativen gewünscht, habe sie aber nicht bekommen.“ Und das obwohl man der nur zehnköpfigen Opposition durch Leihstimmen das Einrichten zweier Untersuchungsausschüsse und sogar das Misstrauensvotum gegen Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) ermöglicht habe: „Wir haben das dann natürlich abgelehnt“, so Böhrnsen.

Die Große Koalition sei aber „keine Dampfwalze“, die mit der Arroganz der Macht über alles hinweggehe. „Wir haben Lösungen angestrebt, die von der Mehrheit der Bevölkerung getragen werden“, erinnerte Böhrnsen dann an den politischen Erfolg der Bürgerinitiative gegen das McDonalds-Drive. Auch sonst könne sich die letzte Legislaturperiode sehen lassen. So sei es gelungen, den Personalbestand bei der Polizei zu halten, den Kulturhaushalt zu festigen und die Kindergärten von Personaleinsparungen auszunehmen, zählte er „einige Erfolge der Koalition“ auf. „Dass wir das Parlament von 100 auf 83 Personen verkleinern, ist unser Beitrag zur Sanierung.“

Beim Koalitionspartner CDU nicht durchsetzen konnte man hingegen das Informationsfreiheitsgesetz, eine Härtefallregelung für Ausländer (Böhrnsen: „Eine Herzensangelegenheit von mir“) und die Stärkung des Elternwillens bei der Anwahl von Gesamtschulen.“ Elke Heyduck