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Archiv-Artikel

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Ferienflugabwehr: Dramatischer Wechsel an der Spitze der AerLingus-Opfer-Charts

Am Schalter stapeln sich begeisterte AerLingus-Fans mit unbeglaubigten Kindern

Mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung – Komplett-Rauswurf aus der AerLingus-Maschine Düsseldorf–Dublin und damit Ausfall des Osterurlaubs – schiebt sich das Dortmunder Newcomer-Team Brandi/Küppersbusch überraschend auf Platz eins der Opfer-Charts des irischen Fluchunternehmens. In einer ersten Stellungnahme kondolierte der taz-Irland-Korrespondent Ralf Sotscheck mit einer sportlichen Anerkennung „der bescheuertesten Beförderungsablehnung bisher“.

AerLingus hatte in der Vergangenheit durch grobe Unpünktlichkeit und Reduktion des Bordservice auf gelegentliches Stattfinden von Flügen den Titel eines Dominastudios der Lüfte erworben. Regelmäßig mit an Bord, wenn’s in die Pampa, dreimal im Kreis um den Flughafen oder auch gar nicht losging – der beredte Sotscheck. Ausgerüstet mit Ticket, Gepäck und Ausweisen nahm nun das Dortmunder Team den Kampf auf und erschien vollzählig am Schalter des Grauens in Düsseldorf. In einem nur 25-minütigen Beratungsgespräch gelang es der Oberflugverweserin Reh, der vierköpfigen Familie darzulegen: „Kann ja sein, dass die Kinder mit diesen Ausweisen schon zehnmal nach Dublin geflogen sind – heute jedoch nicht.“ Fotos sollten in die Papiere, da könne ein Pixiautomat helfen und zum Beglaubigen der Grenzschutz. Das, so die Servicegöttin, sei in den verbleibenden Minuten bis zum Abflug zu schaffen.

Am Schalter des Grenzschutzes stapeln sich prompt begeisterte AerLingus-Fans mit unbeglaubigten Kindern. Kulant und mit einem Dienstleistungsgeist, der bei AerLingus den sicheren Rauswurf bedeuten würde, telefoniert der Dienst habende Grenzer los. Auswärtiges Amt – klarer Fall – Kinderausweis ohne Foto reicht für Irland, ist ja EU. Zurück am Schalter hat sich auch Flugmanager Haack eingefunden, um die spannenden Sekunden bis zum Abflug persönlich genießen zu können. Er nimmt sich Zeit, auch im Angesicht des ratlosen BGS-Beamten auf lustige Kinderfotos zu bestehen. Teamchefin Brandi hat mittlerweile die Nummer der Düsseldorfer Bild-Zeitung aufgetrieben, während die kriminell unfotografierten Kinder den Gepäckwagen knapp am Schienbein des glasig grinsenden Flugoffiziellen vorbeidengeln. Nächstes Mal.

Mit starrem Blick auf die Uhr schließt nun Schalterbeamtin Reh ihr Flugverweigerungsbüdchen – vermutlich nicht ohne sich vier Kerben in den Colt geritzt zu haben – und sucht auch wegen der angekündigten Bild-Reporter das Weite. Man könne ja mal bei British Airways fragen, die könnten umbuchen, oder bei Lufthansa, die den Flug abwickelten – AerLingus gäbe es nämlich in Düsseldorf nicht, erklärt die Düsseldorfer AerLingus-Mitarbeiterin aufgeräumt zum Abschied. In der Tat findet British Airways heraus, dass Schulklassen ganz ohne Ausweis reindürften. Eine Information, die vielen weiterhelfen dürfte. Die irische Botschaft gibt telefonisch Auskunft, von einer Ohne-Foto-geht-es-nicht-Bestimmung noch nie gehört zu haben. Ein schönes Zwischenresultat, drei Minuten nach Abheben des Jets. Allerdings hört die Botschaft aus Dublin, es gäbe dort vielleicht Immigration Officers, die Kinderausweise nur mit Bildchen mögen. Was uns immerhin vom Gedanken an eine Immigration to Ireland Abstand nehmen lässt. Wenn doch, müssten wir nun hinschwimmen.

Inzwischen haben sich Fotograf und Reporter von Bild eingefunden – was auch Chefkundenvergrauler Haack schlagartig aus der Halle treibt – und verwickeln den aufgeweckten elfjährigen Sohn in ein erstes Ermittlungsgespräch. Wie die böse Frau denn geheißen habe am Schalter? „Reh, aber die benimmt sich wie ein Hirsch“, brilliert der Nachwuchsmann spontan. Ein Foto – „Nun guckt auch mal so traurig, wie das alles hier ist!“ – inklusive der bilderlosen Ausweise ist schnell gemacht. Wir stehen dabei drei Meter unter dem Banner, mit dem Düsseldorf die Jugend der Welt zwecks Olympia herlocken wollte. Aus Irland wäre eh keiner bis hierhin gekommen. Auf dem Rückweg nach Dortmund, wo es zu Ostern ja auch sehr schön sein soll, erzählt Teamchefin Brandi von dem netten Grenzer, der einer anderen AerLingus-Opferfamilie den Tipp gab, schnurstracks zur Abfertigung zu latschen und sich dumm zu stellen, wenn’s noch mal Behördenärger gäbe. „Diese Familie ist jetzt vermutlich schon in Dublin!“, beschließt die Mutter ihr Briefing nach der Show. Heute Abend werden die Kinder Herrn Bogdan vom Bundesgrenzschutz in Düsseldorf liebevoll in ihr Nachtgebet einschließen und zu uns ins Bett kommen mit der Begründung, sie hätten von Frau Reh geträumt. FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH