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Archiv-Artikel

Später Prozess

In Stade muss sich ein 40-Jähriger wegen Mordes verantworten. Er soll 1987 eine 16-Jährige getötet haben

Es war eines dieser Verbrechen, bei denen die Polizei auf der Stelle tritt. Am 23. August 1987 wurde die damals 16-jährige Schülerin Sonja Ady aus Ostendorf bei Bremervörde, 15 Kilometer entfernt von der Diskothek „ta-töff“, ermordet. 21 Jahre später glaubt die Polizei, den Fall aufgeklärt zu haben. Ein 40-Jähriger muss sich ab Montag vor dem Landgericht Stade wegen Mordes verantworten.

Sonja Ady wurde damals leblos, entkleidet und gefesselt auf einer Wiese bei Eberswalde aufgefunden. Ihr Körper wies 67 Messerstiche und zahlreiche Bisswunden auf. Die Polizei kann bis heute ein Sexualverbrechen weder ausschließen, noch zweifelsfrei nachweisen.

Weit mehr als 200 Spuren und Hinweisen waren die Ermittler 1987 nachgegangen – ohne Erfolg. Unter anderem wurde auch der damals 18-jährige und heutige Beschuldigte vernommen. Er wurde aber nicht konkret verdächtigt, da er vor Sonja Ady die Disko verlassen hatte. Zudem konnte er damals ein Alibi vorweisen, da er nach dem Tatzeitpunkt wieder in die Disko gefahren war, um seine damalige Freundin abzuholen.

Im Rahmen der routinemäßigen Überprüfung ungeklärter Tötungsdelikte rollte das Fachkommissariat der Rotenburger Polizei im Frühjahr dieses Jahres den Mord neu auf und bat um Speichelproben der damaligen Diskobesucher. DNA-Proben können heute mit Tatort-Spuren wie Haaren, Sperma oder Hautschuppen verglichen werden. Eine Technik, die 1987 noch nicht ausgereift war. Die DNA-Probe führte zum 40-Jährigen, dessen genetischer Fingerabdruck mit dem am zur Fesselung benutzten Seil gefundenen übereinstimmen sollen. „Auch sein Alibi ist nicht mehr gesichert“, sagt der Sprecher der Rotenburger Polizei. Der Tatverdächtigte bestreitet die Tat, allerdings habe er wegen Alkohol- und LSD-Konsum am Tattag Erinnerungslücken. Er räumte jedoch ein, dass es in Tatnacht zum Geschlechtsverkehr mit Sonja Ady gekommen sei.

Es wird ein „kniffligen Verfahren“, darin sind sich der Stader Oberstaatsanwalt Frank Reh und Verteidigerin Katrin Bartels einig. Es stelle sich die Frage, wie die Tat rechtlich einzuordnen sei, sagt Bartels. „Mord oder Totschlag?“ Zudem findet das Verfahren vor der Jugendkammer des Landgerichts statt, da der Beschuldigte zur Tatzeit unter 21 war. „Wir müssen den Mord nachweisen“, sagt Reh. Sollte das Gericht einen Totschlag feststellen, wäre die Tat nach mehr als 20 Jahren verjährt. „Dann“, so Reh, „käme er ungestraft davon“.

MAGDA SCHNEIDER