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Archiv-Artikel

USA: Nordkorea droht mit A-Waffen

Verhandlungen zwischen Nordkorea und den USA wurden vorzeitig abgebrochen, nachdem Nordkorea angeblich gedroht hat, Atomwaffen zu testen oder zu exportieren. US-Außenminister Colin Powell droht zurück, die USA ließen sich nicht einschüchtern

aus Peking GEORG BLUME

Erst hatte es so ausgesehen, als wollte Washington mit einem Land verhandeln, das es zur „Achse des Bösen“ zählt. Einen Tag lang saßen sich eine US-amerikanische und eine nordkoreanische Delegation am Mittwoch in Peking gegenüber.

Doch nach dem Diner, so ließen US-Diplomaten am Donnerstag in Washington wissen, war der Verhandlungszauber bereits wieder vorbei. Zuvor hatte der nordkoreanische Verhandlungsleiter Li Gun seinen Gegenüber James Kelly in Peking beim Essen zur Seite genommen und – laut US-amerikanischer Darstellung – gesagt: „Wir haben Atomwaffen. Ob wir sie testen oder exportieren, hängt ausschließlich von Ihrem nächsten Schritt ab.“

Für Washington war das offenbar Grund genug, die Verhandlungen vorzeitig abzubrechen. Zwar fanden am Donnerstag noch getrennte Gespräche der Amerikaner und Nordkoreaner mit den chinesischen Gastgebern statt. Ein geplantes gemeinsames Gespräch kam gestern jedoch nicht mehr zustande, und Kelly reiste nach Seoul und Tokio weiter, wo er die Regierungen über den Verlauf der Verhandlungen unterrichten wollte.

Trotz des vorzeitigen Abbruchs sprach keine Seite von einem Scheitern der Gespräche. US-Diplomaten schlossen nicht aus, dass ihre Regierung an den Verhandlungstisch zurückkehren wird. Man werde nun gründlich prüfen, was die nordkoreanische Seite in Peking vorgebracht habe. Zugleich aber machte US-Außenminister Colin Powell mit einer Stellungnahme in Washington aus seiner Verärgerung keinen Hehl: „Die Nordkoreaner liegen falsch, wenn sie die Verhandlungen mit dem Eindruck verlassen, dass sie die Vereinigten Staaten mit ihren kriegerischen Erklärungen und Drohungen einschüchtern könnten“, warnte Powell.

Es war nach US-Angaben das erste Mal, dass ein nordkoreanischer Regierungsvertreter offen einräumte, sein Land besitze Atomwaffen, und zudem noch mit ihrem Export und Atomtests drohte. Zuvor hatte die Regierung in Pjöngjang den Irakkrieg als Beweis dafür bezeichnet, dass Nordkoreas über eine „starke physische Abschreckungskraft“ verfügen müsse, um sich gegen eine US-Angriff verteidigen zu können. „Die bilateralen Beziehungen haben einen Tiefpunkt erlangt, seit die Bush-Administration Nordkorea als Teil der „Achse des Bösen“ bezeichnet und es zum Ziel eines präventiven Angriffs erklärt hat“, schrieb die staatliche Nachrichtenagentur Nordkoreas. „Die Lage auf der koreanischen Halbinsel ist so gespannt, dass ein Krieg aufgrund amerikanischer Handlungen jeden Moment ausbrechen kann.“ Nur US-Präsident George W. Bush könne an dieser Lage etwas ändern. Er halte den „Hauptschlüssel“ zur Entschärfung der Krise in der Hand und müsse seine „feindliche Haltung“ gegenüber Nordkorea ablegen.

Bush reagierte auf die Anschuldigungen lapidar: „Sie fangen jetzt wieder mit dem alten Erpressungsspiel an“, sagte er am Donnerstag in einem Fernsehinterview.

Beide Seiten wollen die Frage, ob Nordkorea nun zu den Atommächten zu zählen sei, zur Zeit offenbar nicht weiter öffentlich ausdiskutieren. Nordkorea ließ gestern wissen, dass es die USA bereits 1993 das erste Mal über den Bestand seiner Atomwaffen informiert habe. Die CIA behauptet seit Jahren, Nordkorea verfüge über ein oder zwei Atombomben.

Vergleichbar ist die Informationslage über Nordkoreas angebliches Urananreicherungsprogramm. Auch seine Existenz wurde zuerst im vergangenen Oktober von James Kelly bekannt gegeben, nachdem ihn seine nordkoreanischen Gesprächspartner angeblich darüber unterrichtet hatten. Daraufhin bestritt Pjöngjang, je solche Angaben gemacht zu haben. Da Washington jedoch das Geständnis für bare Münze nahm, stellte es seine Öllieferungen ein, und die Krise zwischen beiden Ländern eskalierte weiter.