: Mehr Geld für britischen Geheimdienst
Der MI5 soll verstärkt gegen islamische Extremisten vorgehen und personell aufgestockt werden. Innenminister Blunkett stellt seine Pläne heute im Unterhaus vor. Danach sollen bestimmte Erkenntnisse künftig vor Gericht offen gelegt werden
AUS DUBLIN RALF SOTSCHECK
Der britische Inlandsgeheimdienst MI5 soll um die Hälfte vergrößert werden und eine größere Rolle im Kampf gegen den Terrorismus spielen. Innenminister David Blunkett will dem Unterhaus heute ein entsprechendes „Optionspapier“ vorlegen. Die MI5-Chefin, Eliza Manningham-Buller, hat Blunkett davon überzeugt, dass sie schlecht gewappnet ist, um mit islamischen Extremisten fertig zu werden. Blunkett will ihren Mitarbeiterstab von 2.000 auf 3.000 aufstocken, das Budget soll von 1,1 auf 1,5 Milliarden Pfund erhöht werden. Zwar habe es bisher keinen Anschlag in Großbritannien gegeben, aber es sei nur eine Frage der Zeit, sagte Blunketts Staatssekretärin Beverley Hughes und fügte hinzu: „Wir stehen vor einer sehr großen Bedrohung. Deshalb müssen wir die Antiterrorismusgesetze verlängern, um weiterhin Ausländer festhalten zu können, die wir für Terroristen halten.“
Diese Gesetze, die nach den Anschlägen vom 11. September verabschiedet worden sind, gelten nur bis November 2006, wenn sie nicht durch neue Gesetze ersetzt werden. Bis dahin will Blunkett jedoch nicht warten. Er argumentiert, dass die bestehenden Gesetze, die gegen nordirische Untergrundorganisationen entwickelt wurden und die Geheimdienste vor der Preisgabe als Beweisquellen schützen sollen, gegen islamische Terroristen nicht ausreichen. Sie seien im Gegensatz zu den nordirischen Organisationen ein loser Verbund, die einzelnen Gruppen seien in unterschiedlichem Maß dem Al-Qaida-Netzwerk angegliedert, meint Blunkett.
Der MI5 und die Spionageabwehr MI6 sind Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet worden. Sie waren bis weit in die Achtzigerjahre geheimnisumwittert, die Chefs wurden lediglich mit den Codenamen „C“ und „K“ bezeichnet. Inzwischen hat der MI5 eine eigene Website, auf der er erklärt, dass man keineswegs „Menschen tötet oder Mordanschläge organisiert“.
Über ihre Arbeitsweise möchten die Agenten aber immer noch nicht allzu viel nach außen dringen lassen. Beweise, die durch das Abhören von Telefonen und Abfangen der Post gefunden wurden, sind bisher vor Gericht nicht zugelassen. Die Geheimdienste wehren sich dagegen, weil sie befürchten, dass ihre Operationen und ihre Arbeitsweise dann zu transparent werden. Blunkett will das ändern. Andernfalls, so behauptet er, gebe es keine Alternative zu Internierungen.
Bisher werden 14 Ausländer ohne Anklage im Belmarsh-Hochsicherheitsgefängnis festgehalten, weil man sie des Terrorismus verdächtigt. Blunketts früherer Berater Nick Pearce, der jetzt für Blairs Thinktank, das Institut für politische Forschungen, arbeitet, sagte: „Wenn wir diese Verdächtigen in den normalen Strafvollzug eingliedern wollen, müssen wir den Gerichten irgendwelches Geheimdienstmaterial vorlegen.“
Blunketts Maßnahmenpaket soll ein Signal nach Washington aussenden, dass Großbritannien nach wie vor einen entschlossenen Kampf gegen den Terrorismus führt. Die US-Regierung hat vorige Woche fünf der neun Briten aus Guantánamo Bay in Kuba nach Großbritannien überstellt. Deren Anwältin Gareth Peirce sagt, sie seien auf Kuba mehrmals von MI5-Agenten verhört worden. „Einerseits mäkeln wir an der Behandlung der Gefangenen in Guantánamo Bay herum, andererseits haben wir nichts dagegen, die Ergebnisse der Verhöre gegen diese Männer zu verwenden“, sagte Peirce. Sie verlangt von der britischen Regierung eine Garantie, dass Aussagen, die im Ausland mit Hilfe von Folter erzwungen wurden, vor britischen Gerichten nicht als Beweise zugelassen werden.