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Archiv-Artikel

Scharia und Stammesrecht

Von HAN

In ganz Afghanistan sind zurzeit etwa 100 Frauen in Haft, meist wegen Weglaufens aus einer Zwangsehe. Da die Frauen ihren Mann praktisch nicht ohne Hilfe eines anderen verlassen können, kommt der Vorwurf des Ehebruchs hinzu. Haft heißt aber auch Sicherheit. Denn dass etwa in der Stadt Dschalalabad das Frauengefängnis leer ist, ist Indiz, dass Familien dort die Frauen noch selbst (hin)richten. Das wird meist als Unfall inszeniert.

Das islamische Recht (Scharia) beinhaltet Vorschriften für Bereiche, die nach westlichem Recht zur Privatsphäre gehören und nicht unter gesetzliche Reglementierung fallen. In sexuellen Fragen sieht die Scharia die öffentliche Ordnung zwar als schützenswert an und nicht das Individuum. Dennoch ist das islamische Recht progressiver als traditionelles Stammesrecht. So sieht die Scharia Eigentumsrechte für Frauen vor und lässt die Heirat von Mädchen erst ab einem späteren Alter zu.

In der Praxis zählen die Aussagen von Frauen vor Gericht aber weniger als von Männern. Frauen haben ohnehin fast nie einen Rechtsbeistand, obwohl sich viele Urteile schon wegen prozessualer Fehler anfechten lassen.

Afghanistans Regierung und Justiz stehen unter Druck westlicher Länder, die Gerechtigkeit für Frauen einfordern. Dem wird durch regelmäßige Amnestien nachgegeben. Dies greift aber zu kurz. In einem Fall von Selbstjustiz ist bereits eine amnestierte Frau ermordet worden. Rechtspraxis, Rechtsbewusstsein und die Gesetze müssen geändert werden. So verlangen Frauen, dass sie die Scheidung einreichen und Firmen gründen dürfen. HAN