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Archiv-Artikel

Kritik an Zellers Kandidatur für den CDU-Chefposten

„Bürgermeister und Parteichef sind nicht vereinbar“, sagt Zellers grüner Koalitionspartner in Mitte. Die Parteispitze schließt weiterhin Koalition aus

Der designierte CDU-Landesvorsitzende Joachim Zeller muss sich nach Ansicht der Grünen in Mitte entscheiden, ob er Bürgermeister bleiben oder Parteichef werden will. „Beide Ämter sind nicht vereinbar“, sagte ihr Vorstandsmitglied Reiner Felsberg. Die Grünen unterstützen wie die PDS Zeller im Bezirksparlament. Die Sozialisten kündigten Beratungen an. Als Zeller 2002 kommissarisch CDU-Chef wurde, akzeptierte die PDS nur mit Bauchschmerzen: „Als Dauerlösung ist das aber untragbar.“

Zeller hatte am Montag seine Kandidatur für den CDU-Landesvorsitz bekannt gegeben. Noch-Chef Christoph Stölzl hatte zuvor erklärt, beim Parteitag am 24. Mai nicht mehr anzutreten. Stölzl begründete das damit, dass sich die Union jetzt für die Abgeordnetenhauswahl 2006 formieren müsse. Der Landeschef sollte eine Spitzenkandidatur zumindest nicht ausschließen, wie er es getan habe.

Stölzl sah zudem Kollisionen mit seinem Job als Vizepräsident des Abgeordnetenhauses: „Ein Parteichef muss draufhauen, polemisieren, notfalls scharfe Angriffe führen.“ Das sei mit dem auf Überparteilichkeit ausgelegten Amt nicht zu vereinbaren.

Mit dieser Jobbeschreibung macht es Stölzl der CDU noch schwerer, Vorsitz und Bürgermeisterei als vereinbar zu vermitteln. Denn bereits 2001, als Zeller zwischen dem Rücktritt von Eberhard Diepgen und der Wahl Stölzls für drei Monate als Chef einsprang, rumorte es in der scharz-rot-grünen Koalition in Mitte. Der Parteichef müsse doch nicht wie ein Generalsekretär den Wadenbeißer geben, argumentierte die Union damals inhaltlich. Zeller hatte 2001, damals Generalsekretär, die Stimmen von Grünen und PDS nur unter der Bedingung erhalten, dieses Amt aufzugeben. „Wir lassen uns Personalentscheidungen nicht von den Grünen vorschreiben“, sagte Zeller gestern.

Eigentlicher neuer Generalsekretär soll der Spandauer Abgeordnete Kai Wegner werden. Er gilt als streng konservativ und als Vertrauter von Fraktionschef Frank Steffel. Zeller bestätigte diese erste Personalentscheidung, die als Affront gegen den liberalen CDU-Flügel gilt.

Wegner zu benennen, wirkt sich zudem als kontraproduktiv zu den Annäherungsversuchen an die Grünen aus. Deren Fraktions- und Landesspitze dementierte gestern Gerüchte, mit dem neuen CDU-Chef offener für Schwarz-Grün zu sein. Vom über Parteigrenzen hinweg respektierten 51-jährigen Ossi Zeller, der in Brandenburg aufwuchs und bis 1992 in der Bibliothek der Humboldt-Uni arbeitete, ist zwar bei den Grünen zu hören, er hätte eigentlich nach der Wende nicht bei der CDU, sondern beim Bündnis 90 landen müssen. „Ein Zeller macht aber noch keinen Sommer“, sagte Grünen-Landeschef Till Heyer-Stuffer. Seine Person ändere nichts daran, dass CDU und Grüne in zentralen Feldern weit auseinander lägen. Die Union überlasse ihren innenpolitischen Hardlinern wie Wegner das Feld, kritisierte Fraktionschef Volker Ratzmann. Bis sich das ändere, erübrige sich jeder Annäherungsversuch.

STEFAN ALBERTI