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Archiv-Artikel

Erstmals Guantánamo-Häftlinge angeklagt

USA erheben gegen zwei mutmaßliche Vertraute Bin Ladens Anklage wegen Verschwörung zu Kriegsverbrechen

BERLIN taz ■ Erstmals seit der Einrichtung des umstrittenen Gefangenenlagers für Terrorismusverdächtige in Guantánamo Bay haben die USA formell Anklage gegen zwei Häftlinge erhoben. Den Insassen Ali Hamsa Achmed Suleiman al-Balul aus dem Jemen und Ibrahim Achmed Machmud al-Kosi aus dem Sudan wird nach Angaben aus dem US-Verteidigungsministerium Verschwörung zu Kriegsverbrechen vorgeworfen.

Die beiden Männer werden einem Bericht der New York Times zufolge in der Anklageschrift als langjährige Mitglieder der Terrororganisation al-Qaida eingestuft, die in unterschiedlichen Funktionen ihrem Anführer Ussama Bin Laden gedient hätten.

Al-Balul sei, so heißt es weiter, besonders im Medienbereich von al-Qaida aktiv gewesen. Ein Propagandavideo über den Anschlag auf den US-Zerstörer „Cole“ im Hafen der jemenitischen Stadt Aden im Jahr 2000 soll auf ihn zurückgehen. Außerdem soll er dafür zuständig gewesen sein, Bin Laden über die Medienberichterstattung am 11. September 2001 auf dem Laufenden zu halten. Zu diesem Zweck hätte er versucht, am Tag der Anschläge eine Fernsehverbindung über Satellit herzustellen, was aber aufgrund des bergigen Geländes, in dem sich die Al-Qaida-Mitglieder aufhielten, fehlgeschlagen sei.

Dem zweiten Angeklagten, dem Sudanesen al-Kosi, wird von der US-Regierung vorgeworfen, vor allem als Leibwächter Bin Ladens sowie im finanziellen Bereich der Organisation tätig gewesen zu sein. Dort habe er sich nach Informationen der Washington Post besonders um die Taba Investment Company, eine Firma Bin Ladens im Sudan, gekümmert. Nach einem fehlgeschlagenen Attentat auf den Al-Qaida-Chef im Jahr 1994 soll al-Kosi zudem in einer neuen Sicherheitseinheit für Bin Laden mitgearbeitet haben.

Wann das Verfahren gegen die beiden mutmaßlichen Terroristen beginnen wird, ist noch unklar. Der Washington Post zufolge wird der Prozessbeginn im Frühjahr diesen Jahres erwartet. Die Angeklagten sind vermutlich seit über zwei Jahren in Gefangenschaft, wie auch der Großteil der insgesamt rund 650 Gefangenen auf dem US-Militärstützpunkt auf Kuba. Nach Aussagen aus dem Pentagon droht den Angeklagten im Fall eines Schuldspruchs nicht die Todesstrafe, sondern lebenslange Haft.

Während die US-Administration eine faire Verhandlung verspricht, kritisieren Menschenrechtsorganisationen besonders ein Detail des angekündigten Verfahrens: während kein anderes Gericht Verurteilungen des Tribunals nochmals überprüfen könnte, wäre dies dem Präsidenten der USA möglich.

DAVID CHRISTOPH LERCH