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Archiv-Artikel

Tolle Strategie mit ungewissem Ausgang

Bei der nächsten Fusionswelle suchen europäische Firmen eher auf dem alten Kontinent nach Partnern als in Übersee.Kleine Zukäufe, weniger Megadeals. Aus der Krise der New Economy gelernt? Fraglich. Studie der Uni Witten-Herdecke

AUS MÜNCHEN ULRIKE FOKKEN

Der Erfolg ist ungewiss, die Strategie steht aber trotzdem hoch im Kurs. Unternehmenslenker wissen zwar, dass Fusionen nur selten die Erwartungen erfüllen, doch sie setzen auch in Zukunft auf die Übernahme. Das hat eine Studie der Universität Witten-Herdecke ergeben.

„Fusionen sind mittlerweile eine anerkannte Strategie-Alternative zu internem Wachstum“, sagt Felix Lowinski, Wirtschaftswissenschaftler am Institut für Mergers & Acquisitions (Zusammenschlüsse und Übernahmen) in Witten-Herdecke. „Obwohl klar ist, dass über die Hälfte der Transaktionen, vor allem die feindlichen Übernahmen, ihr Ziel nicht erreichen.“ Bei der letzten Fusionswelle zwischen 1993 und 2000 habe eine überzogene und damit naive Vorstellung über die Wertsteigerung nach Fusionen geherrscht. An die enormen Kostensenkungen und Wertsteigerungen glaubt vor der jetzt kommenden Fusionswelle kaum jemand. „Der Trend geht zur Demystifizierung“, sagt Lowinski. „Aber ich bin nicht sicher, dass es ausreichte, sich einmal die Finger zu verbrennen.“ Diesmal glauben die Unternehmen, neue Märkte mit einer Übernahme zu erschließen, Marktanteile ausbauen und sich Know-how kaufen zu können.

Mit drei Kollegen hat Lowinski 192 Entscheidungsträger in Unternehmen, Investmentbanken und Beratungsgesellschaften über die Chancen und Risiken von Fusionen und Übernahmen befragt. Ihr Fazit lautet: In Zukunft werden sich auch kleine und mittelständische Unternehmen zusammenschließen. Und die sind ebenso wenig auf die Folgen einer Fusion vorbereitet wie die großen Konzerne. Denn alle starren vor dem Deal auf den Kaufpreis und machen sich keine Gedanken darüber, wie sie das übernommene Unternehmen integrieren wollen. Geschweige denn darüber, wie sich die wichtigsten Mitspieler verhalten: Laufen die Kunden davon? Verlassen die Top-Manager mit ihrem gesammelten Wissen das Unternehmen? Wie verhält sich die mittlere Führungsschicht? Blockieren sich die Forscher und Entwickler?

Ein bisschen Zeit bleibt den Unternehmen und ihren Beratern noch, auch die Zeit nach der Fusion vorzubereiten. Denn erst zwischen 2005 und 2007 wird die sechste große Welle der Fusionen die deutschen Unternehmen erreichen. Ausschau nach lukrativen Übernahme-Kandidaten halten sie – egal ob im Mittelstand oder unter den Konzernen – vor allem in Europa. Denn nicht nur der transatlantische Mega-Deal von Daimler mit Chrysler hat gezeigt, dass Menschen nicht über alle Kulturgrenzen hinweg miteinander an der Rendite arbeiten können.

Da insbesondere die Konzerne der Pharma und Biotechnologiebranche nach Erfindungen und neuen Produkten gieren, um neue Märkte zu erschließen, werden sie wohl zunächst die Mittelständler in den Marktnischen aufspüren. Und kaufen. Damit würde sich die nächste Fusionswelle auch von der vorhergehenden unterscheiden. „Ob die Unternehmen etwas gelernt haben, wird sich nach der nächsten Welle zeigen“, sagt Lowinski.