: Grüne Einstimmung auf die Wahlsession
Beim politischen Aschermittwoch der Kölner Grünen lobt NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn ihre Kölner Parteifreunde für deren Arbeit in der schwarz-grünen Koalition. Statt Angriffe auf den politischen Gegner betont sie rot-grüne Erfolge in NRW
Von Pascal Beucker
Kölns Grünen-Chefin Csilla Imre scheute nicht vor Superlativen: „Die weltunerschrockenste Ministerin redet heute zu uns.“ Während die Sozialdemokraten in Düsseldorf Ministerpräsident Peer Steinbrück zusammen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder im Doppelpack auffahren ließen, hielten die Grünen bei ihrem „politischen Aschermittwoch“ in der Domstadt adäquat dagegen: Sie hatten die NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn eingeladen, um ihrer Anhängerschaft den Karnevalskater auszutreiben.
Keine Bierseligkeit
Zumindest vom Zuschauerinteresse her hatte die Partei dabei auf das richtige Zugpferd für ihre Nach-Karnevalsveranstaltung „Jeck auf Grün“ gesetzt. Über 130 Zuhörer drängelten sich in dem völlig überfüllten Hinterzimmer der Brennerei Weiß, um die grünen Kamellen aufzufangen, die Imre zu Beginn des Events ins etwas irritierte Publikum warf – ganz so, als hätte sie noch nicht mitbekommen, dass am Aschermittwoch doch alles vorbei ist.
Aber auch Bärbel Höhn war offensichtlich noch nicht ganz darauf eingestellt. „Ich freue mich sehr, unter den grünen Jecken zu sein“, rief sie freudestrahlend ins Auditorium. Es ist schon ein kurioses Experiment, das die Grünen in der rheinischen Metropole des Frohsinns ausgerechnet an dem Tag, an dem es nichts mehr zu lachen gibt, nun bereits zum vierten Mal aufführten.
Denn schließlich war gerade diesmal die Session lang, die fünf „tollen Tage“ noch länger und dicker Kopf lärmt nicht gern. So wollte sich denn auch beim kölschen „politischen Aschermittwoch“ nicht die übliche Bierseeligkeit einstellen, die weiter südlich in Passau oder Vilshofen den Polit-Großkopferten traditionsgemäß die passende Stammtischatmosphäre für ihre Redeschlachten bietet. Aber die würde auch nicht so recht zu den Grünen passen.
In den vergangenen Jahren hatte sich Bundesumweltminister Jürgen Trittin der Mühe ausgesetzt, die müden kölschen Jecken munter zu machen. Diesmal sollte Höhn – eingerahmt von einem „Singspiel“ des Kölner Rose-Theegarten-Ensembles – den Job verrichten. Dabei taugt die Oberhausenerin mit Dienstsitz in Düsseldorf nur begrenzt als Stimmungskanone. Scharfe, gar personalisierte Angriffe auf den politischen Gegner sind ihre Sache nicht. Ob es um die Atomenergie oder die Gentechnik, die Maut oder den Emissionshandel, das Dosenpfand oder die Müllverbrennung („Diese MVA hat Köln nicht verdient“), die WestLB oder den Kopftuchstreit ging – pointierte Attacken fielen der nüchternen Sachpolitikerin im grünen Jackett bei ihrem Parforceritt durch die politische Agenda sichtlich schwer.
Sie stellte lieber eigene Erfolge heraus („Wer hat denn für neue Arbeitsplätze in diesem Land gesorgt? Das waren wir Grüne!“). In einem bayerischen Bierzelt hätte sie damit keine Chance – bei ihrem überwiegend grünen Publikum in der Domstadt kam sie indes damit durchaus an. Das lag allerdings nicht zuletzt auch daran, dass die Frontfrau der Partei an Rhein und Ruhr nicht mit Freundlichkeiten gegenüber ihren kölschen Gastgebern sparte. So begrüßte sie gleich mehrfach deren Entscheidung für Schwarz-Grün: „Ich glaube, ihr habt sie richtig getroffen“, rief sie ihren Parteifreunden zu. Und: „Das ist eine gute Sache für eure Stadt.“
Auf eine solch klare Unterstützung ihrer Liaison mit den hiesigen Christdemokraten durch Höhn hatten die Kölner Grünen lange warten müssen. Noch bei der Oberbürgermeister-Stichwahl im September 2000 hatte sie zusammen mit ihrem grünen Ministerkollegen Michael Vesper in von der SPD geschalteten Anzeigen zur Wahl der sozialdemokratischen Kandidatin Anke Brunn aufgerufen – gegen den ausdrücklichen Willen des örtlichen Kreisverbandes.
Bündnisoffener Horizont
Doch wohl auch aufgrund des desaströsen Zustands der SPD hat die einstige vehemente Rot-Grün-Verfechterin inzwischen ihren Denkhorizont erweitert. „Wir als Grüne entscheiden nach Sachthemen“, begründete sie die Entscheidung der Landespartei, ohne explizite Koalitionsaussage, also „bündnisoffen“, in die Kommunalwahlen im September zu gehen. Trotzdem betonte Höhn, dass ihre Partei immer noch der SPD deutlich näher stehe als der CDU, sprach sogar von einer programmatischen Übereinstimmung von 80 Prozent mit den Genossen.
So setzt die grüne Ministerin denn auch bei der Landtagswahl 2005 auf eine Fortsetzung von Rot-Grün: „Wir haben de facto dazu keine Alternative“, so Höhn. Die Grünen hätten „in der rot-grünen Koalition einen guten Stand, den wir uns hart erarbeitet haben“. Sie warnte allerdings die SPD: „Es reicht nicht, sich auf Kosten des kleinen Koalitionspartners profilieren zu wollen.“