: Das Rathaus im Koffer
Mit Laptop und Drucker ziehen die Berliner Beamten an entlegene Orte der Stadt und bieten ihre Dienstleistungen an. Das Projekt verspricht Prestige und hat einen großen Vorteil: Es kostet nichts
VON DANIEL SCHULZ
Das bewegte Amt kommt – der Mobile Bürgerdienst (MoBüD). Berliner können nicht mehr nur in Rathäusern und Bürgerämtern ihre Ämtergänge erledigen, sondern auch bei Beratern in Krankenhäusern, Schulen und Bibliotheken. Bisher geht das nur in Spandau und Pankow, dort werden die MoBüd bis September 2004 getestet. Danach entscheiden die Bezirke, ob sie den mobilen Beamten einführen.
In einen schwarzen Rollkoffer passt das Büro des fahrenden Beraters: Laptop, Drucker, Chipkartenlesegerät, Papiere und Stempel. Damit zieht er aus, um seine Dienste anzubieten. Per Handynetz, UMTS-Breitband- oder drahtloser Internetverbindung werden die Daten an das Netz der Berliner Verwaltung gesandt. „Eine Verwaltungsrevolution“, möchte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) erkennen. „Die Behörden reagieren flexibel auf den Bürger.“ Der eigentliche Grund für das Projekt ist jedoch fehlendes Geld. Berlin kann es sich nicht leisten, in großen Bezirken wie Spandau oder Pankow flächendeckend Bürgerämter einzuführen. Und das Rathaus auf Rollen kostet 4.000 Euro. „So billig bauen Sie kein Bürgeramt“, freut sich Körting. Not mache eben erfinderisch.
Und diese Erfindung wurde auch noch bezahlt. MoBüD hat einen Wettbewerb des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gewonnen und wird deshalb vom Bund gefördert. „Wenn die Tests in Berlin gut laufen, ließe sich das System überall einsetzen“, sagt Ministerialreferent Andreas Goerdeler. Das bringt Prestige, aber viel wichtiger: auch Geld. Denn das Ministerium fördert das 4 Millionen Euro teure Projekt mit 2, 6 Millionen. Und die anderen 55 Prozent der Summe zahlt das Berliner IT-Unternehmen IVU, die das System zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Kommunikationstechnik in Berlin entwickelte. Berlin hat also nur Personal- und Schulungskosten zu tragen.
Viel gesprochen wird dagegen über die Sicherheit des Systems. Schließlich werden persönliche Daten bearbeitet und gesendet. Drei Dinge sollen verhindern, dass Unbefugte an die Daten kommen: Zunächst braucht jemand, der auf den Beamten-Laptop zugreifen will, einen korrekten Benutzernamen und Passwort sowie eine Chipkarte mit Pin-Nummer. Auf dem Laptop werden möglichst wenige Daten gespeichert. Das hat den unangenehmen Effekt, dass der Berater alle Angaben noch mal eingeben muss, wenn das System abstürzt, während gerade ein neuer Reisepass erstellt wird.
Die gespeicherten Daten sind verschlüsselt. Ist ein elektronisches Formular ausgefüllt, wird es per so genanntem IPsec versendet. Zwischen dem Computer des Beamten und dem Berliner Landesnetz entsteht ein Datentunnel, der nur diese beiden Rechner miteinander verbindet. Nebenbei im Internet zu surfen wäre für den Berater also nicht möglich. „Absolute Sicherheit gibt es natürlich nie“, sagt Lothar Mühlmann, Leiter der Projektgruppe MoBüD am Fraunhofer-Institut. „Aber die Hürden, in dieses System einzudringen, sind hoch genug, um Eindringlinge abzuschrecken“, ist sich Mühlmann sicher.
Ein weiteres Hindernis für Hacker: das veraltete Programm, mit dem Berliner Beamte ihre Daten eingeben. Wer das verstehen will, muss Experte sein. Auch der Berliner Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka beschäftigt sich mit MoBüD, will derzeit dazu jedoch noch keine Aussage treffen. „Wir haben aber im September 2003 mit den MoBüd-Partnern gearbeitet, dabei ging es um technische Einzelheiten“, so sein Sprecher Volker Borozio.