: Intensive Naturwahrnehmung
Als Konzept einer nachhaltigen Landwirtschaft entwickelt, wurde die Permakultur auf menschliche Lebensräume übertragen. Permakultur-Designer lernen in ihrer Ausbildung, wie Menschen, Tiere und Pflanzen rücksichtsvoll miteinander leben können
In den 1970er Jahren entwickelte der Australier Bill Mollison ein System nachhaltiger Landwirtschaft in Abgrenzung von den industriell-konventionellen Anbaumethoden. Später wurde die Permakultur erweitert zu einem holistisch-integrativen Denkansatz zur Gestaltung sozialer Siedlungsräume in Harmonie mit natürlich gewachsenen Habitaten. In Deutschland kann man eine Ausbildung zum Permakultur-Designer bei der Permakultur-Akademie machen: Geschäftsstelle Berlin, Kreutzigerstr. 19, 10247 Berlin, Tel.: (07 00) 73 76 25 85 (12 ct/min)), E-Mail: info@permakultur-akademie.net, www.permakultur-akademie.net MW
VON MARKUS WILD
Es ist die längste Erfolgsgeschichte der Erde: Das Ökosystem ist ein Musterbeispiel sich selbst regulierenden Wirtschaftens, erfolgreichen Ressourcenmanagements und gesunden Wachstums. Die Permakultur untersucht die Strukturen und Mechanismen, die dieses natürliche System so tragfähig gemacht haben, und macht sie für die Planung und Gestaltung eigener Projekte nutzbar.
„Ziel der Permakultur ist es, menschliche Lebensräume so zu gestalten, dass sie produktiv und gleichzeitig ökologisch und sozial verträglich sind“, sagt die Landschaftsplanerin Christina Werdermann. „Durch intensives Wahrnehmen der Natur, behutsames und schrittweises Verändern werden vielfältige, sich natürlich unterstützende Systeme geschaffen.“
Werdermann nennt die Permakultur „eine Bewegung, die philosophische Grundlagen, Gestaltungsprinzipien und konzeptionelle Lösungsansätze für eine gesellschaftliche Entwicklung mit zukunftsfähigen Strukturen bietet“. Ein klassisches Beispiel für ein permakulturelles Design ist die „Kräuterspirale“: Dieses sich um einen Steinhaufen windende Beet ist unter Ausnutzung der Sonneneinstrahlung und mit einer speziellen Bodenmischung so angelegt, dass diverse Kräuter mit unterschiedlichen klimatischen Anforderungen auf kleinstem Raum gedeihen können.
Zurück geht die Idee der Permakultur auf den Australier Bill Mollison, der den Begriff aus der Verknüpfung der beiden englischen Wörter „permanent agriculture“ kreierte. Der später mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnete Mollison entwickelte bereits Mitte der 70er Jahre zum Aufbau landwirtschaftlicher Systeme das Konzept einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, das sich der natürlichen Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Tieren bedient. Dabei entdeckte Mollison unter anderem, was heute immer mehr ins öffentliche Bewusstsein rückt: dass industrielle Monokulturen mit ihrem massiven Einsatz von Pestiziden Boden und Wasser verschmutzen und die natürliche Biodiversität reduzieren.
Grundlegend bei der Permakultur sei dagegen ein „behutsamer Umgang mit Ressourcen“, sagt Werdermann. Die 54-Jährige nutzt diesen ganzheitlichen Ansatz in ihrer praktischen Tätigkeit als Landschaftsgärtnerin und Gartengestalterin – zum Beispiel, indem sie Strohballen-Häuser entwickelt. Stroh sei ein äußerst guter natürlicher Dämmstoff, sagt Werdermann, und zudem hervorragender Schallschutz.
Zunächst für die Landwirtschaft entwickelt, greifen permakulturelle Konzepte mittlerweile weiter: Angesichts der Ressourcenknappheit und des Klimawandels werde gerade in den Städten die Nachfrage nach permakulturellen Lösungen steigen, ist sich Werdermann sicher. „Ohne Low-Energy-Konzepte wird künftig in den Städten nichts mehr gehen.“ Sie verweist auf das Beispiel der „Transition Towns“, einzelner Städte und Gemeinden in Großbritannien und Irland, die sich direkt an den Gestaltungsprinzipien der Permakultur orientieren und sich gezielt darum bemühen, ihren Energieverbrauch zu senken und ihre Energieversorgung von fossilen Brennstoffen abzukoppeln.
Christina Werdermann lehrt mittlerweile als Tutorin an der Permakultur Akademie. Das ist die einzige deutsche Einrichtung, in der man sie zum „Permakultur-Designer“ ausbilden lassen kann. Unterrichtet wird hier nach dem internationalen Curriculum, das Bill Mollison in den 80er Jahren in einem Handbuch zusammengefasst hat. Ausbildungsgrundlage ist ein 72-Stunden-Kurs, in dem es laut Werdermann vor allem um „die Herangehensweise geht, darum, die Prinzipien der Permakultur zu verstehen“.
Insgesamt stehe bei der Ausbildung „nicht die Vermittlung von Fachwissen im Vordergrund, sondern wie man die Methoden der Permakultur nutzen kann, um ein rücksichtsvolles Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen zu ermöglichen“, sagt Manfred Weber. Der 48-Jährige absolviert derzeit eine Ausbildung an der deutschen Permakultur-Akademie. Weber war in seinem „letzten Leben“ IT-Experte, dann entschied er sich, aus dem Bürotrott auszusteigen. Heute will er die „Ideen von einem nachhaltigen Leben, die sich alleine nicht verwirklichen lassen, in die Gesellschaft tragen“. Darum macht Weber jetzt die Fortbildung zum Permakultur-Designer, wobei ihm auch gut gefällt, dass es „keinen Frontalunterricht gibt“.
Die Ausbildung ist eine Mischung aus Fernkursen und regelmäßigen Pflichtterminen vor Ort. Stets wird an konkreten Projekten gearbeitet und die Teilnehmer werden von zwei Tutoren betreut. Mindestens zwei Jahre dauert die Ausbildung, und sie ist nicht automatisch zu Ende, sondern erst dann, wenn der Studierende von seinen Tutoren zur Akkreditierung vorgeschlagen wird. Wegen des innovativen Ansatzes wurde die Akademie 2007 als ein offizielles Projekt der Unesco-Weltdekade „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ anerkannt.
Allerdings ist die Profession des Permakultur-Designers bisher kein staatlicher Ausbildungsberuf. Und bis dahin sei es auch „noch ein weiter Weg“, sagt Tutorin Werdermann. In den angelsächsischen Ländern sei das Konzept aber bereits bekannter und weiter verbreitet als in Deutschland, sogar in Österreich gebe es drei Permakultur-Schulen. Werdermann erhofft sich einen Schub durch die nächste internationale Permakultur-Konferenz 2009 in Südafrika. Dort sollen auch die Ausbildungsstandards weiterentwickelt werden.
Wer sich aber schon jetzt dazu entscheiden sollte, eine Ausbildung zum Permakultur-Designer zu machen, kann zumindest sicher sein, dass er in seiner Berufssparte nicht allzu viel Konkurrenz haben wird. Denn bisher gibt es hierzulande nicht mehr als schätzungsweise 40 Permakultur-Designer.