: Kannibalismusverdacht
Universität geht auf Distanz zur halbprivaten Hamburg Media School.Kunst- und Mediencampus-Finkenau verdrängt kostenfreie Studienplätze
Wird die gebührenfreie Medienausbildung an der Universität zu Gunsten der halbprivaten Hamburg Media School (HMS) geopfert? Um diese Frage und die Deutung des Dohnanyi-Berichts stritten am Dienstagabend unter anderen Wissenschaftssenator Jörg Dräger, HMS-Geschäftsführer Jan Henne de Dijn und Journalistikprofessor Siegfried Weischenberg im Marriott-Hotel.
Dohnanyi möchte das Hauptstudium Journalistik schließen und das „medienwissenschaftliche Angebot“ der Uni „zu Gunsten der Praxis“ konsolidieren. Außerdem sollen in der neuen Bachelor-Master-Struktur nur noch vier von zehn zum Masterstudium an der Uni zugelassen werden. Da Henne de Dijn bis zu 12.500 Euro teure Masterstudiengänge aufbaut, steht der „Verdacht des Kannibalismus“ im Raum, wie es Uni-Professor Knut Hickethier formulierte.
„Je mehr man die HMS will, desto schlechter ist es für die Tatsachen“, eröffnete Weischenberg die heftige Debatte. Das Hauptfach Journalistik zu streichen sei „anachronistisch“ und eine „Hamburgensie“. Fast ein Drittel aller Journalisten in Deutschland seien Absolventen solcher Studiengänge. In den USA sei das Journalistikstudium gar der gängige Weg in den Beruf.
Zuvor hatte Dräger dargelegt, nach Diskussion mit Medienschaffenden sei man zu der Erkenntnis gelangt, dass Journalistik als Hauptfach keinen Sinn mache. Dräger räumte später aber ein, dass die Uni „autonom“ über dessen Fortbestand entscheide. Henne de Dijn bekräftigte, er habe nicht vor, „Eulen nach Athen zu tragen“ und die Medienwissenschaft zu übernehmen oder Printjournalisten auszubilden. Wohl aber ist ein Masterstudium Medienwissenschaft im Gespräch, bei dem nur Theorie vermittelt, nicht aber geforscht werden solle. De Dijn musste einräumen, dass seine Schule stark von der Kooperation mit der Uni abhängig sei. Diese muss die Literatur liefern und HMS-Absolventen prüfen.
Doch derzeit steht der Kooperationswille der Uni, die zu 12,5 Prozent HMS-Gesellschafterin ist, auf der Kippe. Sie will sich darauf inzwischen nur noch einlassen, wenn sicher ist, „dass bestehende Medienstudiengänge erhalten und komplett in die Bachelor-Master-Struktur überführt werden“, zitierte Weischenberg aus einer Stellungnahme von Uni-Präsident Jürgen Lüthje.
Als Partner für die HMS umworben, aber bisher nicht besonders dazu bereit, sind auch das Hans-Bredow-Institut HBI und die Henri-Nannen-Schule. Deren Schulleiterin Ingrid Kolb wies darauf hin, dass zum Beispiel der Springer-Verlag gerade Volontärsplätze abbaue. Und HDI-Direktor Uwe Hasebrink sagte, er habe gehofft, die HMS könne das „Potenzial der Medienwirtschaft ins Boot holen“. Nun aber befürchte er ein „Nullsummenspiel“ zu Lasten der unabhängigen Forschung. KAIJA KUTTER