: Kopfprämie für Streikbrecher
Montag ist Streiktag: Beim Medizintechnik-Unternehmen Möller in Wedel beginnt heute der Arbeitskampf. Den gut 160 Beschäftigten geht es um die Rückkehr zur Tarifbindung
VON MAGDA SCHNEIDER
Der Medizintechnik-Hersteller Möller in Wedel steht im Arbeitskampf. Mit 84,7 Prozent haben sich die Beschäftigten am Freitag für einen Streik ausgesprochen, um das Unternehmen wieder in die Tarifbindung zu zwingen. Die IG Metall Küste hat die 167 MitarbeiterInnen für den heutigen Montag zum Ausstand aufgerufen.
Möller, ein traditionsreiches Unternehmen in dem kleinen Hamburger Vorort, ist spezialisiert auf moderne Technik für Augenmedizin. Der Hersteller opthalmologischer und mikrochirugischer Geräte ist 1864 in Wedel gegründet worden. 1991 wurde das Familienunternehmen von der schweizerischen Medizin Holding Haag-Group gekauft. Und seither weht hier offenbar ein anderer Wind.
Zum 1. Januar 2006 erklärte der Betrieb seinen Austritt aus dem norddeutschen Arbeitgeberverband Nordmetall. Zwar genießen die „MölleranerInnen“ – wie sie an der Unterelbe genannt werden – überwiegend noch die so genannte nachwirkende Tarifbindung: Auch gekündigte Tarifverträge gelten demnach so lange weiter, bis sie durch eine neue Vereinbarung ersetzt werden. Einige andere Tarif-Vereinbarungen finden aber nur duldend Anwendung. Zudem droht Möller-Geschäftsführer Martin Schmidt regelmäßig damit, Produktionspaletten in Regionen mit niedrigeren Lohnkosten auszulagern.
„Wir wollen endlich wieder Tarif- und Rechtssicherheit haben“, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende André Meister. Doch die Verhandlungen über einen betrieblichen „Anerkennungstarifvertrag“ der Metall-Tarifnormen wurden Ende November vom Unternehmen abgebrochen worden. Daher leitete hat die IG Metall die Urabstimmung über einen Arbeitskampf zur Durchsetzung jenes Anerkennungstarifvertrages ein.
Wohlwissend, dass es „zu einem Streik kommen“ werde, wie Geschäftsführer Schmidt selbst sagt, suchte er die Beschäftigten zu ködern: 50 Euro wollte er pro Tag jedem zahlen, der nicht mitstreikt. „Wir wollen gemeinsam mit ihnen versuchen, den durch den Streik jeden Tag drohenden Schaden und seine Folgen abzumildern und die Produktion soweit es geht aufrecht zu erhalten“, schrieb er an die „Lieben Mitarbeiter“: „Wir haben uns zunächst bewusst gegen eine eine vollständige Stilllegung des Betriebs entschieden, von der durch den Verlust der Vergütung auch sie als arbeitswillige Mitarbeiter betroffenen wären.“ Gerade jetzt benötige Möller die engagierte Mitarbeitet aller, „eben ihre Weiterarbeit während des Streiks, um das unverantwortlichen Handeln der IG Metall“, so Schmidt weiter, zu bremsen.
Dieses als Provokation empfundene Vorgehen brachte am Wochenende bei der Belegschaft das Fass zum Überlaufen. Knapp die halbe Belegschaft nahm an einer Streikschulung teil. „Selbst die, die gegen Streik gestimmt haben, sagen nun, dass sie nicht arbeiten werden“, wird berichtet. „Die haben auch ihren Stolz.“