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Archiv-Artikel

Studiengebühren auch für Lehrer

Lehrergewerkschaften kritisieren die neuen Studiengebühren auch für pädagogische Fortbildungen – und rufen zum Boykott auf: „Das ist ein Skandal.“ Wissenschaftsministerium will noch nachbessern

VON ANNIKA JOERES

Die zum kommenden Semester fälligen Studiengebühren treffen auch LehrerInnen: Sie müssen ebenso wie die so genannten Langzeitstudierenden für Fortbildungsmaßnahmen und für das Studium eines zweiten oder dritten Faches 650 Euro pro Semester zahlen. „Wir suchen noch nach einer Lösung“, beschwichtigt dagegen Isabell Lorenz, Sprecherin des Wissenschaftsministeriums. Die Probleme seien „so nicht absehbar gewesen“.

Ursprünglich sollten die Gebühren Studierende treffen, die ihre Regelstudienzeit um das 1,5 fache überschritten haben oder nach einem erfolgreichen Abschluss noch ein Zweitstudium beginnen. Die Universitäten sammeln die Gebühren ein und leiten sie komplett an das Land weiter – erst im nächsten Jahr profitieren auch die Hochschulen zu 50 Prozent von den Einnahmen. LehrerInnen, die sich nach ihrem zweiten Staatsexamen noch fortbilden – etwa um nicht nur in der Primarstufe, sondern auch in der Sekundarstufe I an Hauptschulen unterrichten zu können – fallen bisher automatisch unter die Kategorie „Zweitstudium“ und müssen zahlen.

„Das ist ein Skandal“, sagt Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung. Lehrer und Lehrerinnen, die sich für einen fachgerechten Unterricht fortbilden wollen, sollten dies nun aus eigener Tasche zahlen. Die Lehrkräfte erhielten zwar eine zusätzliche Qualifikation, würden dadurch aber weder befördert noch bekämen sie mehr Geld. „Wir werden ihnen raten, sich nicht mehr an den Unis fortzubilden.“

Das Schulministerium hingegen will für die wissbegierigen PädagogInnen keine Ausnahme machen. „Wenn sie für ihre eigene Karriere noch einmal an die Uni gehen, dann müssen sie zahlen wie in der privaten Wirtschaft auch“, sagt Sprecherin Nina Schmidt. Nur die so genannten Mangelfächer wie Mathematik und Physik sollten kostenlos bleiben, damit das Interesse am Studium nicht sinke.

Offensichtlich ist dies an den Universitäten noch nicht bekannt. „Es gibt KollegInnen, die auch für ihr Mathestudium oder die zusätzliche Hauptschulqualifikation zahlen sollen“, sagt Berthold Paschert von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die GEW habe ihnen geraten, Widerspruch einzulegen. Die Gewerkschaft sei generell gegen die Studiengebühren, aber LehrerInnen, die sich für den Unterricht weiterqualifizieren wollten, noch zu bestrafen, sei „besonders absurd“.

Ein spezielles Problem stellt das neue Unterrichtsfach „praktische Philosophie“ dar. Schülerinnen können diesen nicht-konfessionellen Kurs anstatt Religion belegen – fachkundige LehrerInnen fehlen aber bisher. Deshalb setzen viele PädagogInnen im Zweitstudium auf dieses Fach – und könnten von den 1.300 Euro Gebühren pro Jahr abgeschreckt werden. „Wir hatten leider nur sehr wenige Anmeldungen“, sagt Jens Kuck von der Kölner Universität. Dabei hatte das Land den Unis „angeraten“, dieses Fach anzubieten und um InteressentInnen zu buhlen. „Jetzt müssen wir trotzdem die Zahlbescheide verschicken“, sagt Kuck, „Wir können nur ausführen, was das Land anordnet.“

Sein Münsteraner Kollege Norbert Frie hofft noch auf Einzelfallentscheidungen, aber auch die müsse das Land treffen. „Wir haben keinen Spielraum“, sagt Frie. LehrerInnen müssten bisher so behandelt werden wie ChemikerInnen oder ÄrztInnen. „Das Gesetz wurde mit der heißen Nadel gestrickt.“