: Konkurrenz aus den eigenen Reihen
Ein Bündnis will bei der Kommunalwahl in Herne frustrierte SPD-Wähler erreichen. Auch Sozialdemokraten wollen sich beteiligen. Die örtliche SPD-Spitze droht ihren Mitgliedern in diesem Fall mit Ausschluss
HERNE taz ■ Bei den Herner Sozialdemokraten herrscht schlechte Stimmung. Ein alternatives Wählerbündnis will bei der diesjährigen Kommunalwahl von der Politik der Bundesregierung enttäuschte Wähler an sich binden und so einen Wahlsieg von CDU, FDP und Republikanern verhindern. „Wir sehen uns als soziale Alternative zur SPD. Wir wollen aber vor allem eine Ratsmehrheit rechts von der SPD verhindern“, sagt Initiator Harry Hein. Hein will als IG-Metall-Mitglied und Betriebsrat des Herner Unternehmens Schwing vor allem Wähler aus dem Gewerkschaftsumfeld und potenzielle Nicht-Wähler ansprechen. Am Dienstag soll auf einer Versammlung endgültig entschieden werden, ob das Bündnis zur Wahl antritt. „Es macht nur Sinn, wenn wir Kandidaten für alle 29 Wahlbezirke zusammen kriegen“, sagt Hein, „aber wir sind sehr optimistisch.“ Bei den bisherigen Treffen haben über 40 Leute ihr Interesse bekundet. Darunter sind Mitglieder der IG Metall, der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, von Attac, der Arbeitslosenvertretungen und der SPD.
Die Herner SPD-Spitze reagiert auf die mögliche Gründung der alternativen Liste angesäuert: „Wir sind nicht begeistert“, sagt Parteichef Gerd Bollmann. Sollten Parteimitglieder auf der Liste kandidieren, müssten sie im schlimmsten Fall mit dem Ausschluss aus der Partei rechnen. „Den Initiatoren muss klar sein, dass sie vor allem der SPD, aber auch den Grünen und der PDS schaden“, sagt Rolf Hansmann von der SPD-Fraktion. Das könne nicht im Sinn der Bestrebung sein, eine Mehrheit rechts von der SPD zu verhindern. „Für solche Spaltungen gibt es historische Beispiele, dass das nicht funktioniert“, ergänzt Gerd Bollmann. Namen von Mitgliedern, die sich beteiligen wollen, sind dabei allerdings noch nicht bekannt. Wie die Genossen politisch mit der neuen Wählergemeinschaft umgehen werden, soll am Dienstag, nach deren wahrscheinlichen Gründung, entschieden werden.
Hans Nimphius von der IG-Metall in Herne beobachtet die Entwicklung etwas gelassener: „Es ist das demokratische Recht unserer Mitglieder, sich an derartigen Bestrebungen zu beteiligen.“ Allerdings würde sich die IG Metall als Organisation nicht einbringen. „Wir bleiben außen vor und werden auch keine Wahlempfehlung abgeben“, sagt Nimphius. In der SPD hofft man, dass die Gewerkschafter der SPD treu bleiben. Einen Teil scheinen sie dabei aber bereits verloren zu haben: Ver.di hatte dem Bündnis für seine beiden bisherigen Treffen gewerkschaftseigene Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt.
Zu etwaigen Erfolgsaussichten des Bündnisses mochte Harry Hein keine genauen Angaben machen. „Ich wehre mich jedenfalls dagegen, das Bündnis als linke Alternative zur SPD zu bezeichnen“, sagt Hein. Das würde viele Wähler abschrecken. Der Arbeitstitel „Liste für Arbeit, soziale Gerechtigkeit und Demokratie“ sei daher sehr allgemein gehalten – auch wenn viele Protagonisten eher auf der linken Seite stünden.
Zur weiteren Strategie der Liste will sich Hein erst am Dienstag, nach der wahrscheinlichen Gründung, äußern. Spätestens dann werden sich auch die abtrünnigen Genossen zu erkennen geben. HOLGER PAULER